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Die Verwaltung neigt zur Uberkontrolle

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Lenin, Mao und Reagan könnten sich wohl nur zu einer gemeinsamen Auffassung durchringen: Alle drei waren oder sind von der Unnötigkeit der Beamtenschaft überzeugt.

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Lenin, Mao und Reagan könnten sich wohl nur zu einer gemeinsamen Auffassung durchringen: Alle drei waren oder sind von der Unnötigkeit der Beamtenschaft überzeugt.

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Die Beziehung zwischen Wirtschaft und Verwaltung hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Phänomen Mann und Frau in der Ehe. Er arbeitet viel und sie sorgt mit großer Anstrengung für Ruhe, Ordnung, häusliche Sicherheit und Geborgenheit. Des öfteren fragt dann der Mann vorwurfsvoll, was mit dem vielen Haushaltsgeld geschieht, genau wie mancher Unternehmer die Verwaltung.

Ein wesentlicher Unterschied besteht aber darin, daß zumindest in Europa und in Amerika die große Bedeutung der Frau für die Familie erkannt wurde. Nicht so bei der Verwaltung. Denn das einzige, worin sich Lenin, Mao und Reagan einig sind - ist die Unnötigkeit der Beamtenschaft.

Im vielschichtigen Beziehungsfeld zwischen Wirtschaft und Verwaltung stellen Ausschreibung und Vergabe ein besonderes Problem dar. Die exakte Leistungsbeschreibung, die Leistungsbewertung gesamtwirtschaftlicher Einflüsse sind vor allem bei Großprojekten sehr schwierig.

Der spekulative Aspekt von Forschung und Entwicklung erhöht das Risiko um ein Vielfaches. Denn bei der Realisierung solcher Projekte spielen gerade schwer quantifizierbare Qualitäten wie Vertrauen, Erfahrung, Fachwissen des Projektleiters eine erfolgsentscheidende Rolle.

Die Vergabe von Aufträgen ist wie vieles andere auch mit Kontrolle verbunden. Die Bürokratie der Verwaltung neigt formal zur Uberkontrolle, ohne wesentliche Verbesserung der Wirkung. Bei manchen Bestellungen zum Beispiel, die sieben Unterschriften tragen, wird die erste gesetzt, weil sowieso noch sechs unterschreiben, und jede weitere wird gewährt, weil ja schon vorher jemand unterschrieben hat.

Das große Problem der wirtschaftspolitisch „gerechten” Verteilung von Aufträgen ist die subjektive Differenziertheit der Auftragnehmer.

Die Vielfalt der Subjekte ist auch für die Abgabeneinhebung von Bedeutung. Wie einfach war sie in der Zeit der Kopfsteuer, bei der es keine Art von Aufzeichnung geben mußte. Mit zunehmender Komplexität der 'Abgabengrundlagen nimmt natürlich auch die Aufzeichnungspflicht zu und damit die Delegation von Bürokratie an die Wirtschaft.

Grundsätzlich können hiebei zwei Aspekte gesehen werden: Die positive Seite bedeutet, daß der Zwang zu Aufzeichnungen auch dem einzelnen Unternehmen ein klares Bild seines Zustandes bietet. Dies sollte nie unterschätzt werden, da eine große Zahl von Konkursen durch mangelnde oder nicht beachtete Aufzeichnungen ausgelöst wurde.

Die negative Seite bedeutet aber, daß die übertriebene Aufzeichnungspflicht, die auf Grund der verschiedenen Kontrollen und Prüfungen notwendig wird, Kosten verursacht, die damit praktisch einen Abgabenbestandteil bilden, der in seiner Höhe bei den übrigen Abgaben nicht in Anrechnung gebracht wird.

Ein immer intensiver diskutierter Bereich ist die Wirtschaftsförderung. Obwohl man sich über das oder die Ziele -noch einigen könnte, sind die Methoden der Zielerreichung einigermaßen umstritten.

Bei knappen Mitteln — und Mittel sind immer knapp — stellt sich jedoch die Frage, ob die Schwachen gestützt oder die Starken bzw. Kräftigeren noch weiter gekräftigt werden sollen.

Heute geht man meist den Weg, dem ganz schwachen Unternehmen zu helfen mit dem Erfolg, nur den Zeitpunkt des wirtschaftlichen Todes um einige Zeit'hinaus-zuschieben, ohne daß wirklich eine Hilfe für die Beschäftigten und die Bevölkerung daraus entsteht, während Erweiterungsinvestitionen bei Kräftigen sowohl die Arbeitsplätze vermehrt als auch das Bruttonationalprodukt verbessert hätten.

Man kann daher mit einiger Sicherheit die Feststellung treffen, daß wirtschaftlich sehr Schwache durch Geld allein nicht gefördert werden können, da muß schon Führungswissen und konzeptives Wissen - manchmal sogar zwangsweise — mitgeliefert werden.

Schließlich sei noch das düsterste Kapitel der Verknüpfung von Wirtschaft und Verwaltung, Korruption und Interventionismus erwähnt.

Problemursache ist die mangelnde Ubereinstimmung zwischen den offiziellen Zielen des Entscheidungsträgers bzw. Ent-scheidungsbeeinflussers. Sind dabei finanzielle Interessen im Spiel, die zu privaten Einnahmen führen, so sind sie zumindest eindeutig beschreibbar und verurteilbar.

Wenn jedoch Freundschaft, Machtgewinn, Beeinflußbarkeit durch Übelwollende oder schlicht Dummheit der Grund für die zielwidrige Einflußnahme sind, so hat man es mit einem nur sehr schwer lösbaren Problem zu tun.

Mit noch mehr Gesetzen wird das Problem kaum lösbar sein. Es liegt in der Auswahl der Personen, die die Hebel der Macht bewegen und die für die Auswahl verantwortlich sind.

Univ. Prof. Dkfm. Herbert Kraut itt Vor. stand des Instituts für Betriebswirtschaftslehre in Graz. Oer Beitrag ist ein Auszug aus einem Referat beim Symposion „Verwaltung und Wirtschaft” in Graz.

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