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Endlich die Wahrheit sagen!

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In Amerika traut sich der amtierende Präsident, in einem Wahljahr dem Volk ein Sparprogramm zu verordnen, daß den Wählern die Ohren sausen. In Österreich saust neben der Defizitspirale nun auch die Inflationskurve weiter nach oben. Wer Sparprogramme verlangt oder gar schon konkret vorschlägt, wird noch •immer eher verteufelt oder ignoriert als ernstgenommen.

„Es gibt keine schnellen Antworten auf die Inflation, und vor allem gibt es keine schmerzlosen Antworten", sagte US-Präsident Carter und kündigte Einsparungen im Staatshaushalt 1981 ,im Wert von 14 Milliarden Dollar an, von denen alle Bereiche mit Ausnahme der Verteidigung betroffen sein sollen. Durch eine Importabgabe auf Rohöl soll der Benzinpreis erhöht und damit die ölver-schwendung eingedämmt werden.

Sicher: Die meisten der Carter-Vorschläge haben wenig Chance, im Kongreß durchzukommen. Die Volksvertreter sind zaghafter als der Präsident. Sie wollen in einem Wahljahr, in dem es auch um ihre Sessel geht, nichts riskieren. Tatsache bleibt: der Präsident ist zu einem solchen Risiko bereit. Auch wenn ihm die Verwirklichung seiner Pläne vom Parlament verweigert wird - an ihm bleibt hängen, daß er sie vorgeschlagen hat.

Die Frage ist, ob ihn das wirklich unpopulär und ihre Kleingläubigkeit die Senatoren und Kongreßmitglieder wirklich populär machen wird. Manches deutet darauf hin, daß das Volk zumindest in Notjahren klüger als viele seiner Politiker ist - in Amerika und anderswo.

Auch in Österreich wissen die Menschen, daß die internationale Lage politisch und wirtschaftlich ernst ist. Der Februar-Inflations-sprung um 5,4 Prozent gegenüber 1979 alarmiert. Offiziell sagt man: „Die internationalen ölpreissteige-rungen sind schuld." As ob die Diagnose schon die Therapie ersetzen könnte! Auch Carter nannte diese Ursache der Geldentwertung. Aber er fügte eine weitere hinzu: „Unser Unvermögen, als einzelner ebenso wie als Gesellschaft und als Staat innerhalb unserer Möglichkeiten zu leben."

Einer der wenigen Regierungsvertreter, die gelegentlich wenigstens eine ähnlich deutliche Sprache auch hierzulande führen, ist - spät genug, aber immerhin - Vizekanzler Androsch, der Finanzminister. Man hat nicht den Eindruck, daß ihn die notorischen Geldausgeber unter den Ministerkollegen dabei unterstützen oder auch nur verstehen möchten.

Doppelte Anerkennung verdient der steirische Landeshauptmann Niederl, der als einer der führenden Vertreter der großen Oppositionspartei offen dafür eintrat, zum Zweck der unumgänglichen Sanierung der Krankenhäuser einen „Gesundheitsschilling" auf Tabakwaren und Alkoholika draufzuschlagen (und auch widmungsgemäß zu verwenden).

Ebenso sehr ist dem Ärztekammerpräsidenten Piaty zuzustimmen, der wieder einmal einen generellen Selbstbehalt in der sozialen Krankenversicherung urgiert hat. Und ebenso ist von der allgemeinen Steuerkommission und jener des Gewerkschaftsbundes endlich ein Konzept für eine gerechtere Lastenverteilung zu verlangen.

Es geht nicht an, daß Österreich ziel- und konzeptlos weiterwurstelt, während die übrige Industriewelt sich - vielleicht - ernsthaft den Gürtel enger schnallt.

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