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Fronten und Fronden

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Was wird am 16. November, für den die oberösterreichischen Sozialisten unter vielen Krämpfen einen außerordentlichen Landesparteitag einberufen haben, geschehen? Wird es zum großen Köpferollen an der Partedspitze kommen? Oder werden es sich die derzeitigen Bosse, trotz bisher heftiger Kritik, einträchtig „richten” können? Viel wird davon abhängen, ob es zu harten Blockbildungen in den Reihen der Delegierten kommt, und wer in der Organisation den größten Vergatterungserfolg erzielt.

Die Vorreiter, die eine Änderung wollen, haben jedenfalls ihre Pferde für einen „Informationsrit’t” durch das Land schon gesattelt. Ebenso aber auch jene, die zum Sammeln blasen und — schon allein aus ureigenstem Interesse — niemanden vom Thron stürzen wollen. Bemerkenswert an den Aktivitäten ist, daß es durchaus nicht um die personelle Absicherung eines Kurswechsels in der oberösterreichischen SPÖ geht, oder daß das Parteivolk mit der ideologischen Linie seiner Führer nicht mehr einverstanden wäre. Nein. Ursache für die Frondebildung, die schließlich parteiintern starre Fronten heraufbeschwor, sind ausschließlich persönliche Beweggründe der sozialistischen Spitzenpolitiker, Antipathien und das Unvermögen, mit parteidemokratisch gewählten Gesinnungsgenossen auch tatsächlich zusammenzuarbeiten. Recht deutlich brachte das ein Rundschreiben der SP-Ortsorganisa- tion Ebensee zum Ausdruck, das auf der Beobachtungsbühne einiges Aufsehen erregte. In dem an die Genossen aller Öberösterreichischen Lokalgremien der SP gerichteten Brief, in dem eich die Sozialisten der Salzkammergutgemeinde für den bedrängten Landeshauptmannstellvertreter Fridl stark machen, heißt es wörtlich: „Erst einige Funktionäre unserer Partei haben aus Machtgier eine Personaldebatte durch schändliche Informationen an die bürgerliche Presse angeheizt.” Und weiter: „Die Vorgangsweise dieser Machtstreber ist daher auf das schärfste zu verurteilen und muß bei jedem aufrichtigen Gesinnungsfreund Empörung hervor- rufen.”

So einfach, wie die Ebenseer die Auseinandersetzungen sehen, kann man sich aber eine Analyse nicht machen. Immerhin hat selbst das Öberösterreichische SP-Organ „Tagblatt” tabula rasa verlangt. Und wenn man weiß, wie hitzig die Personaldebatte in dieser Partei geführt wird, dann dürfte die Vermutung keinesfalls zutreffen, daß alle empört sind — es sei denn, sie gehörten nicht zu den „Aufrichtigen”.

Ungeklärt bleibt weiterhin, ob und wie die Bundes-SP Einfluß nehmen wird. Sah es zunächst so aus, als würde Kanzler Kreisky die Oberösterreicher weiter allein herum- rumcxren lassen, veränderte sich die Lage nach der hinlänglich ausgeschlachteten Kontrollberichtsaffäre, in der vor allem Landesparteisekretär Habringer ins Gerde kam. Oberösterreichs SP-Spitze pilgerte zum Parteivater nach Wien, wobei nicht mit Sicherheit zu sagen war, ob die „Aussprache” ganz freiwillig angesetzt war. Jedenfalls fiel der Bericht im SP-Organ recht dürr aus, das diesem Ereignis in ganzen dreieinhalb Zeilen Raum gab. Habringer, dem Ambitionen auf einen Sessel in der oberös’terreiohischen Landesregierung nachgesagt werden, soll nun, um seinen Stern vor dem

Untergang zu retten, im Partei- appairat für einen Weiterverbleib des SP-Spitzentrios werben, dem er mit Landesparteiobmann Hillinger und Fridl angehört. Daß diese „Lösung”, die in Wirklichkeit keine ist, möglicherweise in der Bundeszentrale goutiert wird, darauf lasssen angeblich Äußerungen des Kanzlers in den letzten Tagen schließen.

Während nun Habringer seinen Überlebenswillen durch Bespre chungssprints quer durch Oberösterreich deutlich macht, fällt auf, daß Landesparteiobmann Hillinger Zurückhaltung übt. Ob dies seiner eigenen Unschlüssigkeit darüber entspringt, ob er auf dem außerordentlichen Parteitag neuerlich an- treten soll oder nicht, oder ob es ihm als einzigem gelungen ist, unbemerkt zu sondieren, kann nicht mit Gewißheit beurteilt werden.

Ebenso offen ist nach wie vor die Frage, wie ein möglicher Hillinger- Nachfolger heißen könnte. Als „logischer” Anwärter auf den Obmann-Sessel gilt Fridl — wenn nicht auch er stolpert. Geheimtip für manche ist der SP-Landesrat Neuhauser, ehemaliger Welser Vizebürgermeister und jetzt für Wohnbau und Naturschutz im Linzer Landesregierungsteam zuständig. Was ihn am meisten empfiehlt, ist seine „weiße Weste”, auf der es keinerlei Flecken als Reste der SP- internen Sohlammschlacht gibt. Neuhauser schweigt konsequent. Gerade dadurch könnte er, weil er keine Angriffsflächen bietet, als Retter auf den Schild gehoben werden. Dann dürfte aber Fridls Schicksal endgültig besiegelt sein.

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