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Digital In Arbeit

Gesucht wird der unternehmerische Mensch

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Was wir für eine optimal funktionierende Volkswirtschaft gerade heute benötigen, sind „menschliche Wachstumsimpulse“: Personen, die als Bauern, Unternehmer, Meister und Facharbeiter gerne die Lasten und Vorteile unternehmerischer Tätigkeit- im weitesten Sinne - auf sich nehmen. Voraussetzung hiefür ist freilich eine breitangelegte Bereitschaft junger Menschen zur Tätigkeit in der Praxis, insbesondere zur Ergreifung des Untemehmerberufes.

Dies ist für unsere Gesellschaft deshalb von so großer Bedeutung, weil die Verwirklichung von Selbständigkeit durch persönliche Entfaltung genau den Forderungen entspricht, die unter wirtschaftspolitischen und strukturellen Gesichtspunkten die Entwicklung der Wirtschaft am besten gewährleisten.

In den Nachkriegsjahren war man allgemein bereit, Tätigkeiten jeder Art in allen Berufen zu übernehmen. Allmählich allerdings bewirkte eine wirtschaftsfremde Bildungspolitik zunehmend passives Verhalten vieler junger Menschen, die sich nicht selten von der Praxis des Berufslebens zu distanzieren schienen. Schuld an dieser Situation der Entfremdung hatten jene Bildungsexperten, die uns weismachten, daß das angebliche Bildungsdefizit nur durch explosionsartige Vermehrung der Gymnasien und Hochschulen auszugleichen wäre.

Junge Menschen, die heute Unternehmer, Meister und Facharbeiter sein könnten, haben den Weg über Hochschulen und Universitäten zu praxisfern-überzogenen Bildungsidealen gewählt und haben sich damit vielfach die Entwicklungschancen ihrer eigenen Zukunft verbaut.

Heute ist die Situation anders; derzeit tritt die ältere Generation der aufbauaktiven Jahrgänge aus dem Berufsleben, und die auf Leistung und Arbeitsethos bezogenen Werb Vorstellungen (vor allem die Einstellung zur unmittelbarsten aller Arbeiten, der Handarbeit) verfallen. Daß die junge Generation an einem gestörten Verhältnis zur Produktivarbeit leidet, beweisen nicht zuletzt die angestrebten Verwaltungstätigkeiten, die möglichst mit „Schlips und Kragen“ im Büro, insbesondere im öffentlichen Dienst, bevorzugt werden.

Im kirchlichen Bereich neigt man dazu, Arbeiter zu bedauern und zu bemitleiden. Aber gerade das vertragen leistungsbewußte Arbeitnehmer nicht. Sie wollen vielmehr Anerkennung und Gerechtigkeit. Zudem wird im kirchlichen Raum nicht selten die Tätigkeit der Selbständigen, der Bauern und Unternehmer, zu gering eingeschätzt - Gewinnstreben hält man für „unkeusch“.

Es sollte klar gesagt werden, daß es für den Bauern keine größere Sünde gibt als das Versäumnis der rechtzeitigen Sorge für Saatgut und für die Bestellung des Ackers. Und die Aufgabe des Unternehmers besteht darin, für Gewinn als „Saatgut der Volkswirtschaft“ zu sorgen. Unternehmer, die bei der Erzielung von Gewinn oder Ansatz von kostendek- kenden Preisen „schlechtes Gewissen“ empfinden, sind zum Scheitern verurteilt und erfüllen ihre soziale Pflicht nicht.

Heute müßte jeder zehnte junge Mensch eine selbständige unternehmerische Tätigkeit anstreben. Gerade für die Kirche wäre es angebracht, dafür zu werben, daß sich ihre Gläubigen für Lebenswege entscheiden, die für die Allgemeinheit größten Nutzen bringen.

Denn es ist heute mehr denn je erforderlich, daß die Begabtesten aller Völker wieder gerne arbeiten, sich selbständig machen oder Unternehmer werden. So können wir die Arbeitslosigkeit in Europa, aber auch die Not in den Entwicklungsländern wirksam abbauen.

Es ist anzustreben, daß in Zukunft wieder mehr heranwachsende junge Leute unmittelbar nach Beendigung der Hauptschule zu Tätigkeiten in der Wirtschaft bereit sind. Fachleute sollten dabei helfen, das an Maßstäben der Praxis festzustellende Nachwuchsdefizit nicht nur zu erklären, sondern auch zu beseitigen.

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