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Mehr Chancen für Qualität und Kontrolle

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Die geplante Universitätsreform ist umstritten. Dem Rektor der Universität für Bodenkultur in Wien, Manfried Welan, ist der Einwand, daß die Reform zu wenig bringt, einfach zu wenig. Warum nicht Uni-Reform? fragt er daher Skeptiker und Gegner.

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Die geplante Universitätsreform ist umstritten. Dem Rektor der Universität für Bodenkultur in Wien, Manfried Welan, ist der Einwand, daß die Reform zu wenig bringt, einfach zu wenig. Warum nicht Uni-Reform? fragt er daher Skeptiker und Gegner.

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Der Entwurf für ein Universitätsor-ganisationsgesetz 1993 enthält für die Universitäten so viele Chancen, daß man zumindest im großen und ganzen für ihn sein kann. Zuständigkeiten und Verantwortung werden konzentriert. Damit besteht die Chance für mehr Effizienz. Durch mehr Professionalität, insbesondere durch hauptberufliche, akademische Funktionäre, durch mehr „Leitung” und „Expertise” bestehen mehr Chancen für Qualität und Kontrolle. Die Lehre wird durch besondere Organe, die Studiendekane aufgewertet. Durch bessere Zuständigkeitsverteilung zwischen den verantwortlichen Akteuren und den beschließenden und kontrollierenden Kollegien besteht eine gute Chance für besseres Management.

„Stromlinienfömige” Uni

Skeptikern und Gegnern der Reform sollte man die Frage stellen: Warum nicht?

Der Hinweis, daß die Reform zu wenig bringt, ist zu wenig. Immerhin bringt sie eine neue Form der Selbstverwaltung und der Organisation. Sie macht die Universität „stromlinienförmig”. Wenn sich die Reform in mancher Hinsicht die normative Kraft des Faktischen zu Nutze macht, so ist das nur gut.

Dem Neuen muß man eine gestalterische Chance geben. Allerdings wäre es zweckmäßiger, bewährte Reformen, wie die Teilrechtsfähigkeit der Institute, zu bewahren als sie zu beseitigen. Reformen sollen ja eine Aktivierung der Verbesserungsmöglichkeiten sein. Bewährtes bewahren ist für Politik als Reform genauso wichtig wie die Beseitigung des Überflüssigen und Hemmenden.

Der Entwurf sollte der Satzung für die Basis, nämlich für die Institute, mehr Spielraum lassen. Die Regelung eines organisatorischen Minimums könnte als Anregung und Schranke der Autonomie genügen. Der Gesetzgeber ist gut beraten, wenn er den Universitäten die Möglichkeit einer organisatorischen Reform im Wege der Satzung in Permanenz überträgt. Einer solchen Übertragung kommt eine Beauftragung zur institutionalisierten Reform gleich.

Wird die Satzung zu sehr vorherbestimmt so hat die Universität zu wenig Selbstbestimmungsmöglichkeiten. Der Gesetzgeber ist gut beraten, wenn er nicht selbst wiederum auf eine Reform „von oben” wartet. Er muß viel mehr den universitären Reformaktivitäten vertrauen, als das bisher der Fall war. Den Möglichkeiten der Basis, der rund 1.000 Institute, muß ein besonderer Spielraum gegeben werden. In diesem Bereich, wo Forschung und Lehre im Alltag stattfindet, sind ja schon bisher die Probleme sach- und problemnah gut gelöst worden. Die Ordnung durch Evolution, in Wien spricht man oft abschätzig von „durch- und weiterwurschteln”, ist in der Alltagspraxis das wichtigste. Sie hat dem Staat insgesamt gesehen viele Milliarden erspart. Nicht zuletzt deshalb gehören die österreichischen Universitäten zu den kostengünstigen der Welt.

Dem Gesetzgeber muß auch klar sein, daß es an den Universitäten keine monokratische und autokratische Rationalität geben kann. Zentrale Instanzen der Koordination und Kontrolle sind bei der Vielheit und Vielfalt autonomer Kleinbereiche zu wenig. Sie müssen durch Diskussion und Verfahren entwickelt und ergänzt werden. Damit ist die Kommunikationsfähigkeit der Universitäten auf die Probe gestellt. Denn so gut sie bei der Lösung kurzfristiger Probleme und Sachfragen und insbesondere bei der Akquirierung von Drittmitteln arbeiten - zur Lösung mittel- und langfristiger Probleme, welche die einzelnen Disziplinen überschreiten, tragen sie relativ wenig bei.

Eine neue Gesprächskultur

Gerade aber die „komplexe Schau” ist für die Zukunft und den Dienst an der Umwelt im weitesten Sinn notwendig. Diese komplexe Schau im vielstimmigen Gespräch ist aber Sache der Universitäten. Diese Reform kann weder durch dezentrale noch durch zentrale Lösungen erzielt werden. Sie verlangt eine disziplinierte, disziplinenüberschreitende Gesprächskultur auf vielen Ebenen und zwischen vielen Bereichen.

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