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Mythos des Orpheus

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Ovids Orpheus-Schilderungen in den „Metamorphosen” zeigt an berückender Sprache und hinreißendem Rhythmus, was Musik und Gesang, von der Liebe getrieben, selbst im Schattenreich vermögen. — Der Glucksche „Orpheus”, seit 25 Jahren im Salzburger Landestheater nicht mehr gespielt, sollte und könnte zeigen, was ein Ensemble imstande ist, wenn eine kräftige Hand das Werk ins Szene setzt. Die kokette Idee, einem Ballettmeister die Regie zu übertragen, wäre freilich hur dann akzeptabel, wenn dieser schon entsprechende Erfahrungen als Opem- regisseur besitzt.

Gerhard Platiėl, früher Ballettmeister im Haus an der Schwarzstraße, sollte Glucks Oper gleichzeitig inszenieren und choreogra- phieren, ein Auftrag, der ihn eigenartigerweise in der einen Richtung wie in der anderen ersichtlich überforderte. Nicht unterstützt von einem recht einfallslosen und für Sänger wie Tänzer gleichermaßen ungünstigen Bühnenbild von Emst Bruzek, geriet ziemlich viel zum Nachteil der Protagonisten, die häufig weit weg vom Orchester im Hintergrund der Bühne zu singen und zu agieren hatten. Dazu trieb Friedemann Layer das Mozarteum-Orchester in vielen lyrischen Passagen wie ein Militärkapellmeister an.

Der Weg vom Bühnengrund führt über eine Schräge nach vorn zu einem gut hüfthohen Absatz, der entweder mit Sprung oder über zwei seitliche Treppchen zu überwinden ist. Da die Ebenen von Welt und Unterwelt aber keineswegs von der Regie her konsequent auf je einem Plan gespielt werden, läßt sich auch in dieser Richtung keine Symbolik konstruieren.

Die Auftritte von rückwärts zeigten, daß Platiėl die Sängerinnen arg ver nachlässigte, deren Stimmen zunächst wie durch einen Trichter gedämpft zu vernehmen waren und erst weiter vorne das normale Stimmbild erkennen ließen.

Am meisten litt darunter zu Beginn offensichtlich Waltrud Haas als Amor, die erst gegen Schluß an ihre gewohnten Leistungen anzuschließen vermochte. Auch Ruzena Svo- bododa vermochte als Eurydike nicht voll zu überzeugen, da ihre Stimme für diese Partie zu wenig voll und strahlend klingt; auch in der Gestaltung blieb sie im Gegensatz zu ihrer Pamina in der „Zauberflöte” blaß. Wobei freilich entschuldigend einzuschränken wäre, daß die Partie der Eurydike nicht allzu viele Glanzpunkte von Gluck erhalten hat. Seine Vorliebe galt der Zeichnung des Orpheus, seinem Wesen und seiner Gestalt, die in Salzburg in Ingrid Mayr eine makellose, ja ideale Verkörperung fand. Sie steigerte sich in dieser großen Partie, obwohl ihr die verhetzten Tempi Layers nicht entsprachen (die sie natürlich durchhielt), weil sie ihre Partie als einzige auch intellektuell bewältigt hat und so die zum Verständnis der psychischen Spannung notwendigen Akzente nicht alle anzubringen vermochte. Die Schwierigkeiten „Orpheus und Eurydike” in Szene zu setzen, sind bekannt, aber die Salzburger Aufführung hätte, wie schon angedeutet, beispielhaft werden können dafür, wie eine Landesbühne diese Frage löst. Mit dem Ballett allein, das zeigte sich sehr deutlich ist das nicht zu schaffen. Der Chor von E. Dunshirn einstudiert, ließ harte Arbeit erkennen. Die Kostüme von Hildegard Dicker fielen nicht sonderlich auf. Allein des Orpheus wegen ein sehens- und hörenswerter Abend.

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