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„Orpheus“, Bach und Nicolai-Konzert

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Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“, der Welterfolg von 1859, wiegt heute noch schwerer als die meisten späteren — und längst verschwundenen — Weltefolge auf dem Gebiet der leichten Muse: vielleicht weil diese „Opera feerie“ gar nicht so „leicht“ ist, mehr Geist, und Witz und mehr Musik hat, als man sich später für derartige Dinge einfallen ließ, Musik, die alle Frechheit und Ausgelassenheit trägt und ihr den zündenden Funken gibt. Die Neubearbeitung der hier zugrunde liegenden Fassung von 1874 (von Kay Lorentz und Gerhard Bronner) geht mit behutsamen Händen an Textbuch und Partitur heran, verwienert nicht im nestroyschen Sinn, versucht vielmehr mit Glück, die Pariser „Gaite“ zu wahren. Die Regie hat wirkliche Einfälle, die Inszenierung verzichtet auf das Ringelspiel der Drehbühne und baut die Szenen in großer Steigerung auf. Die Bühnenbilder haben Stil und jenen ironischen Trick, der dem ganzen Werk seine Haltung gibt. Es tut nichts, wenn das Kornfeld im ersten Bild einer Besenbinderwerkstatt gleicht und die Schlange erst hinter Euridice hochspringt — man weiß schon, wie's gemeint ist. Christi Mardayn als öffentliche Meinung, Karl Dönch als Hans Styx, Per Gründen als Orpheus, Ester Rethy als Euridike, Fred Liewehr als Jupiter und Kurt Preger als Pluto boten gut und witzig profilierte Gestalten, um die sich alle andern in Tempo und Verve zu gruppieren wußten. Das Ballett hatte viel zu tun und tat es mit parise-rischer Eleganz, für die Heinz Rosen zeichnet, wie für die farbenfrohen schicken Kostüme (und ebenso für das Bühnenbild) der Pariser Bernard D a y d e. Ein Erfolg, dem man Dauer wünschen darf.

Eine Sinfonia d-moll von Wilhelm Friedemann Bach, das Tripelkonzert für Cembalo, Flöte, Violine und Streichorchester sowie Teile aus dem „Musikalischen Opfer“ von Johann Sebastian Bach musizierte das Convivium musicum München in glasklarer Sauberkeit und jener objektivierenden Stilisierung, die als Zeichen der Musik um ihrer selbst willen gilt und wohl den sichersten Schutz vor Romantisierung darstellt. Die Exaktheit in der verschlungenen, aber doch nie unklaren Linienführung verzwicktester Kontrapunkte, wie sie eben Bach eignet, spiegelt sich in der absolut sicheren Wiedergabe in erfreulichster Weise. Das Ensemble spielt ohne Dirigenten, doch waren Erich Keller (Violine)und Margarete Scharitzer (Cembalo) die geistigen und technischen Führer.

Das Nicolai-Konzert der Wiener Philharmoniker unter Herbert Karajan, eine der traditionellen Spitzenaufführungen von Beethovens „Neunter“ (auch hier war Beethoven gleichsam „entromantisiert“, aber doch welche Hochspannung im Ausdruck!) überraschte durch die besondere Leistung des Chores (Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde), der seinen Part auswendig sang, was Leistung und Wirkung ungleich zu steigern vermochte. Von den Solisten tat es Hans Hptter ebenso, mit dein Hilde Güden, Christa Ludwig und Waldemar Kmentt sich zu einem Quartett erster Güte vereinigten.

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