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Normen muß man plausibel machen!

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Weder Kardinal Franz König noch Erzbischof Karl Berg, aber auch nicht der neuernannte Weihbischof Kurt Krenn sind sich bewußt, Vorwürfe des Papstes wegen „gewisser Tendenzen“ in Österreichs Kirche (von denen ^u-rienkardinal Alfons Stickler gesprochen hat) gehört zu haben.

Was freilich nicht ausschließt, daß Johannes Paul II. - vielleicht von Österreichern beeinflußt - schon länger geplant hat, bei Gelegenheit Bischöfe zu ernennen, die in bestimmten Fragen - wie Empfängnisverhütung und Ehescheidung - total auf römischer Linie liegen. Aber haben Österreichs Bischöfe - abgesehen vom Hinweis auf das persönliche Gewissen und auf die Probleme wiederverheirateter Geschiedener - je diese Linie verlassen? Jeder Soziologe weiß, daß in den letzten 25 Jahren in ganz Europa ein Wertewandel eingetreten ist, für den sicher nicht nur die österreichische Bischofskonferenz verantwortlich ist. In Österreich hat der Soziologe Leopold Rosenmayr beim Papstbesuch 1983 erhoben (FURCHE 3/1984), daß päpstliche Norm und Meinung regelmäßiger Meßbesucher weit auseinanderklaffen: Ein Verbot künstlicher Empfängnisverhütung bejahten 31 Prozent (17 Prozent der Gesamtbevölkerung), die Unauflöslichkeit der Ehe 60 Prozent (36 Prozent).

Der nüchterne soziologische Befund ändert nichts daran, daß die Richtigkeit religiöser Normen nicht von mehrheitlicher Zustimmung abhängt! Er mahnt aber zumindest, umstrittene Normen nicht einfach zu verkünden, sondern ständig bemüht zu sein, ihre Lebbarkeit und ihren Siim plausibel zu machen.

Man sollte nur vorsichtig sein, jenen Christen, denen gewisse Normen beim besten Willen nicht einsichtig sind, die aber solche päpstliche Aussagen trotzdem nicht gleich ad acta legen, sondern ehrlich weiter dar-vim ringen, im Geist des Evangeliums Klarheit in diesen Fragen zu finden, Schuld und Sünde zuzuweisen.

Nichts anderes haben Österreichs Bischöfe gesagt. Haben sie dafür wirklich Vorwürfe verdient?

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