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Opferbereit nur für den Staat?

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Davon, daß das wirtschaftliche Verständnis der Österreicher viel größer ist, als uns die Politiker manchmal glauben machen wollen, wenn sie damit Versäumnisse zu rechtfertigen versuchen, war hier schon einmal die Rede. Zwei Umfragen aus letzter Zeit von - in diesem Zusammenhang -unverdächtiger Seite bestätigen dies erneut.

Bei einer Umfrage im Rahmen Erhard Buseks „pro Wien" wollten nur 28 Prozent der Wiener weiterhin zumindest soviel Energie verbrauchen wie bisher, aber 71 Prozent hielten es für möglich, selbst Energie zu sparen.

Fast noch beachtlicher erscheint mir, daß bei der gleichen Umfrage nahezu doppelt so viele Wiener ihre Bereitschaft bekundeten, auf dem Weg zur Arbeit jemanden im Auto mitzunehmen als Befragte dieses Ansinnen ab-

lehnten. Was nützt freilich auch hier die Bereitschaft, solange einem nach der geltenden Gesetzeslage eine Steuervorschreibung oder ein Verfahren wegen unbefugter Gewerbeausübung droht, wenn man sich, was irgendwie Sinn der Sache ist, die Fahrtkosten teilt? Es ist absolut unverständlich, wie ein derart überholtes Gesetz den ersten öl-schock sieben Jahre überdauern konnte.

Auch mit massivstem Einsatz aller Propagandamittel ist . es der Regierung nicht gelungen, die österreichische Staatsverschuldung zu verharmlosen. Bei einer Umfrage der Bundeswirtschaftskammer zeigten sich die Österreicher ziemlich besorgt über das Ausmaß der Staatsverschuldung. Nicht weniger als 66 Prozent waren der Auffassung, daß man dagegen unbedingt etwas unternehmen müsse.

Wie die Einschätzung der Staatsschuld stellen auch die Vorschläge zu ihrer Verringerung der Bevölkerung ein gutes Zeugnis aus: 83 Prozent sind für eine Kürzung der staatlichen Leistungen, aber nur 10 Prozent glauben, daß man die Situation mit einer Hinaufsetzung der Steuern bessern kann. Nur 14 Prozent halten eine Kürzung der Investitionsförderung für die Wirtschaft für sinnvoll, 17 Prozent sind für eine weitere Einschränkung der Sparförderung, aber 22 Prozent für einen weiteren Abbau der staatlichen Preisstützungen und 33 Prozent für eine Streichung des Kfz-Pauschales.

Die Standardbegründung unserer Politiker für eine Ausweitung der Staatstätigkeit, „Das Volk will es so", ist also nicht mehr länger haltbar. Weitere Umfragen zu diesem Thema werden vermutlich keine neuen Erkenntnisse bringen. Statt dessen schlage ich vor, einmal die Opferbereitschaft der Österreicher für ihre benachteiligten Mitbürger auszuloten. Wenn diese ebenso groß sein sollte wie für den Staat, könnte das Behinderten zu Lebensumständen verhelfen, für die sich unsere Gesellschaft nicht länger schämen muß.

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