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Ein Opfer der Entnazifizierung?

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Vor 50 Jahren fand eine kurze, brillante Dirigentenkarriere ein tragisches Ende. Oswald Kabasta, nach Eugen Ormandy „der wichtigste österreichische Dirigent”, schied in Jänner 1946 aus dem Leben. Am 29. Dezember 1896 in Mistelbach geboren, studierte er in Wien bei Ferdinand Löwe und Joseph Marx. 1919 wurde er Lehrer an der Bundeserziehungsanstalt in Traiskirchen, dirigierte aber auch an den Theatern von Berndorf, Baden und Wiener Neustadt hauptsächlich Operetten.

Sein Aufstieg begann, als er Städtischer Musikdirektor in Graz wurde. Dort dirigierte er von 1926 bis 1930 ein Riesenrepertoire von der Vorklassik bis zur Moderne, von Wagner bis Strauß. Er profilierte sich als Bruckner- und Brahms-Dirigent und nützte die Möglichkeiten des damals neu-enRundfunks: 1931 wurdeer zum Direktor der Musikabteilung der RA-VAG Wien bestellt und leitete eine Dirigentenklasse an der Wiener Musikakademie. Dort waren unter anderen Erich Leinsdorf und Karl Etti seine Schüler. 1935 wurde er zum Leiter der Wiener Symphoniker berufen. Ausgedehnte Konzertreisen machten Kabasta und sein Orchester in ganz Europa bekannt.

Drei Jahre später wurde er zum Chef der Münchner Philharmoniker und zum Generalmusikdirektor der Bayrischen Hauptstadt ernannt. Man sagte ihm ein Nahverhältnis zur NSDAP nach, doch konnte bis heute kein Beweis für eine Parteimitgliedschaftgefunden werden. Nach Kriegsende erhielt Kabasta Auftrittsverbot, verlor seine Stellung bei den Münchner Philharmonikern und damit auch seine Existenzgrundlage. Eine schwere Krankheit kam dazu, manch alter Freund wollte ihn nicht mehr kennen. Am 6. Februar 1946 setzte er in Kufstein seinem Leben ein Ende, seine Gattin folgte ihm ein halbes Jahr später. Aus zeitgenössischen Berichten und persönlichen Erinnerungen ergibt sich das Bild einer faszinierenden Persönlichkeit. Kabasta war ein kompromißloser Arbeiter, der Neuerungen höchst aufgeschlossen war. In Wien dirigierte er die Uraufführung von Franz Schmidts „Buch mit den sieben Siegeln”, in Graz hatte er die Kritiker mit allzu modernen Kompositionen von Paul Hindemith verschreckt.

Heute ist Kabasta fast vergessen. Das sollte sich aber bald ändern, denn in Mistelbach fand heuer schon zum zweiten Mal ein Kasbasta-Symposium statt, und der Verlag „Vom Pasqualati.Haus” hat eine CD mit der „Eroica” und Schuberts Fünfter herausgebracht. (Zu beziehen beim Kulturamt Mistelbach) Aus dem stillen Gedenken, das Kabasta sich in seinem Abschiedsbrief wünschte, könnte bald wieder allgemeine Aner-v kennung werden.

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