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Osterreichische Geschichtsschreibung in der Barockzeit

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Es ist ein seltsames Faktum: die österreichische Barockzeit — jener Zeitraum zwischen 1620 und 1740 — ist bisher in zahllosen Arbeiten behandelt worden. Die Kultur, die Politik, die kirchlichen Verhältnisse dieser Zeit werden immer wieder neu dargestellt. Immer wieder wurde und wird auf die ungeheure Bedeutung dieser Epoche für Österreich hingewiesen. Nur über die Geschichtsschreibung dieser Zeit existierte bisher noch keine wissenschaftliche Abhandlung. Eine Tatsache, die um 60 bedauerlicher ist, da dodi Geschichtsschreibung — nach Huizinga — immer eine Rechenschaft über eine bestimmte Epoche darstellt, aus der Geschichtsschreibung der Barockzeit somit tiefe Schlüsse über deren Denken gezogen werden könnten.

Diese bedauerliche Lücke ist endlich durch das Wetk einer österreichischen Historikerin beseitigt worden Dr. Anna Coreth, Absolventin des Österreichischen Instituts für Geschichtsschreibung, hat sich dieser sehr schwierigen Arbeit unterzogen, die fast vollkommenes Neuland darstellte. Die Virtuosität, mit der sie die ungeheure Stoffülle zu meistern und in ein klares System zu schaffen vermag, verrät die gründliche österreichische historische Schule.

Nach einer kurzen Einleitung über den Begriff des Hauses Österreich, einem allgemeinen Teil über die Grundzüge der barocken Geschichtsschreibung geht die Verfasserin im besonderen Teil auf die Geschichtsschreibung de6 Hauses Österreich, die geistliche Geschichtsschreibung und diejenige der österreichischen Länder ein. Hervorragend gelungen ist besonders der Teil des Werkes, der sich mit der klösterlichen Geschichtsschreibung befaßt. Vielleicht etwas zu kurz geraten die Bistums- und sonstige Kirchengeschichts-6chreibung.

In dem Kapitel über die höfische Geschichtsschreibung führt die Verfasserin einen neuen, sehr präzisen Begriff ein: den der „Ehrenwerke“. Da sind Geschichtswerke, die das Herrscherhaus über seine Vergangenheit durch eigene Hofhisloriographen sich zum Ruhme schreiben ließ. Historisch oft nicht ganz einwandfreien Inhalts, doch von großer Bedeutung für das Verständnis einer Epoche.

Der Wunsch, den die Verfasserin in ihrem Vorwort ausspricht, daß mit diesem Buch „nicht nur ein Handbuch über die bedeutendsten Werke und Autoren im barocken Österreich geschaffen werde, sondern auch ein kleiner Beitrag zum Verständrti. dieser Epoche und ihrer Menschen geleistet werde“, ist vollständig in Erfüllung gegangen. (In Parenthese sei nur noch vermerkt: Wer wissen will, was österreichischer Charme ist, der lese dieses v“orwort, in dem sich die Autorin sogar beim Diener für das „unermüdliche Herbeischleppen zahlloser Folianten“ bedankt.

Jahrbuch „Dm Hilfswerk' 1945—1950. Herausgegeben vom Zentralbüro de Hilfswerks dar evangelischen Kirchen in Deutschland. Evangelisches Verlagswerk, Stuttgart 1950. .

Die vorliegende, reich illustrierte Publikation will mehr sein als ein bloßer Tätigkeitsbericht. Es geht ihr darum, den vom Hilfswerk beschrittenen neuen Weg zur Überwindung der Zeitnöte jenen Einwinden gegenüber zu rechtfertigen, die ein in traditionellen Bahnen sich bewegendes kirchliches Denken und Handeln zuweilen geltend macht. Gewiß, es wäre verhängnisvoll, die Gefahrenmomente zu übersehen, die einer kirchlichen Organisation innerlich wie äußerlich daraus erwachsen können, daß sie sich in einem so starken Maße, wie es hier geschehen ist, in den ökonomischen Prozeß einschaltet. Allein, die Dimensionen, die das Elend in einem Lande erreichte, in das 6ich ein Strom von etwa zwölf Millionen Heimatvertriebenen ergossen hat, einem Gebiet, das sich vor die Aufgabe gestellt sah, schätzungsweise zwei Millionen Kriegsversehrten einen neuen Lebensinhalt zu geben und fast Hunderttausend vagabundierende Jugendliche vor dem endgültigen Abgleiten in den Abgrund zu bewahren, ließen keine andere Wahl, sollte nicht der ureigenste Auftrag der Kirche, die Verkündigung des Evangeliums, an ihrem Versagen in der Leibsorge zusdianden werden. Die Kirche als die Mitte aller echten Integration“ war neu in die Schranken gefordert. Sie hat ihren Dienst der Liebe getan und tut ihn an Ungezählten, innerlich Aufgeschlossenen, Gleichgültigen, Feindseligen und denen, .die einen zwiefachen Blick getan hatten: den in das Nicht und den in Gottes Herz“. Entnommen jenen nationalen Schranken und konfessionellen Spannungen, die sie ehedem in ihrer Entfaltung behinderten, hat sie damit zugleich sichtbar gemacht, daß das christliche Abendland nicht Fiktion oder Wunschtraum, sondern immer noch eine Realität ist.

Dem Himmel bin ich auserkoren. Von Thornton Wilder. S.-Fischer-Verlag. 271 S.

Thornton Wilder einmal anders — amerikanischer. Fri6ch-fröhlich erzählt er die Geschichte von George Brush, dem jungen Baptisten und Ghandi-Verehrer, der sich bemüht, getreulich nach den Buchstaben seines Glaubens zu leben. Sonderbare Abenteuer hat er zu bestehen, in manch skurrile Geschichte wird er dabei verwickelt. Schimpf und Spott sind seine ständigen Begleiter, die Gefängnistore öffnen sich, und das Irrenhaus wartet. Allein unbekümmert, ohne Blick nach links und rechts, 6etzt Georges Bru6h seine Reise fort... Parsifal, Amerika 1951 ...

Mit viel Humor — amerikanischem, den europäischen Leser nicht immer ansprechenden und manchmal geradezu erschreckenden Humor — zeichnet Wilder da Porträt 6eines Helden, der kein bleicher, an Leib und Seele verkrüppelter Outsider ist, sondern ein saftiger, mit beiden Füßen im Geschäftsleben stehender Reisender in Schulbüchern. Bewußt verwendet er hiebei den Stift de Karikaturisten. Er will lachende Leser — aber Leser, die sich eine Sekunde 6päter ihre6 Lachens schämen. So hat letzten Ende6 auch diese Geschichte neben ihrem schmalen, amerikanischen Vordergrund, einen sehr, sehr breiten menschlichen Hintergrund. Und daran erkennt man eben doch wieder den Verfasser der „Brücke von St. Luis Rey“ und der „Iden de März“. Oder besser: man ahnt ihn.

Europa erwacht. Die europäische Bewegung von der Utopie zur Wirklichkeit. Bearbeitet und erläutert von Julius G, Boetticher. Cesam-Verlag für Wirtschaftspolitik und Literatur, Wien 1950. 110 Seiten. Kartoniert S 13.80.

Die Bedeutung der Broschüre „Europa erwacht“, liegt bei dem Umstände, daß hier von der .paneuropäischen“ Idee, die unser Landsmann Coudenhove-Kalergi vor mehr als zwanzig Jahren entwickelt hat, bis zu den Erklärungen Schumans und Churchills im Sommer 1950 alles Wesentliche dokumentarisch dargestellt wird, was sich auf die kommende Konstituierung der europäischen Einheit bezieht. Diese Schrift ist also aktuell und zukunftsweisend in höchstem Maße. Sie führt uns das Entscheidende der Entwicklung vor Augen und wird ein Quellenwerk für spätere Betrachtungen sein. Wir finden hier unter anderen den Wortlaut der Charta der Menschenrechte, Berichte über den Europäischen Kongreß in Brüssel 1949, über die Tagungen des Europarates, die zweite Straßburger Konsultativversammlung vom August 1950, über den Schuman-Plan usw. Eingehend wird Österreichs Stellung zur europäischen Einigungsidee behandelt, wobei die wichtige Rollle von Minister a. D. NR Eduard Ludwig ihre Würdigung findet. Äußerungen zum Thema von Bundeskanzler Figl, dem deutschen Bundeskanzler Adenauer und anderen werden wörtlich zitiert.

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