Maskenmord - © Foto: picturedesk.com / dpa / Thomas Frey

Nach Masken-Mord: Herdenresilienz statt Rückzug und Eskalation

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Der Mord an einem Tankwart in Deutschland zeigt die dunkle Seite Ich-zentrierter Widerständigkeit. Doch Resilienz ist eben nicht nach innen gerichtetes „Ertragen“. Eine Analyse.

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Der Mord an einem Tankwart in Deutschland zeigt die dunkle Seite Ich-zentrierter Widerständigkeit. Doch Resilienz ist eben nicht nach innen gerichtetes „Ertragen“. Eine Analyse.

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Man erkläre etwas zur Krise, gebe sich bemüht, ziehe schließlich ein Wort hervor, vage genug, um keine konkreten Rezepte zu brauchen, aber konkret genug, um ein paar Tipps einzuschließen und um – das ist der wesentliche Part – einen Teil der Bevölkerung beschäftigt zu halten. Vorzugsweise jenen, der aufbegehren könnte.

Man mag sich nicht vorstellen, wie die politische Landschaft aussähe, wäre es so einfach. Ganz abstrus ist dies dennoch nicht, denn seit einigen Jahren kreist ein Wort um jegliche Krise und hat in der Pandemie erstaunliche Reichweiten erzielt: Resilienz, ursprünglich ein positiver Begriff, der beschreibt, dass wir Menschen schwierige Situationen nicht nur überleben, sondern auch gestärkt oder zumindest nicht für immer beschädigt aus ihnen hervorgehen können. Es ist die frohe und notwendige Botschaft, welche die Kraft verleihen mag, sich selbst in einer nahezu ausweglosen Situation zu engagieren, auch politisch.

Ein Programm für Bessergestellte

Dass diese Widerstandskraft erwiesenermaßen erlernt werden kann, ist beruhigend. In dieser Hoffnung spendenden Energie liegt allerdings auch die Aufforderung, sich selbst und dann die Welt zu retten. So hat sich der Markt das Konzept der Resilienz erobert. Es lässt sich viel Geld damit verdienen, wenn man vermittelt, dass man sich auf sich selbst konzentrieren darf und dass es okay ist, wenn man Unsicherheit spürt, Gewissheiten wanken sieht und einem die Kraft verlorengeht. Das ist notwendig und tut gut, doch dies schmiegt sich schelmisch lächelnd an die Leistungsgesellschaft. Denn wer nicht hat, der möge etwas tun, ehe er zur Last werde.

Resilienz zu erlernen, bleibt ein Programm für die Besserverdienenden, ähnlich wie die Frage, wer sich tatsächlich gesunde Ernährung, die durchaus zur Resilienz beiträgt, leisten kann. Politisch gesehen steht man dadurch vor Herausforderungen, denn was geschieht mit jenen, die diese Resilienz weder besitzen noch sich die Beschäftigung mit dem Ich leisten können?

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