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Hurrikan "Gustav" wirbelte Amerikas Küste und den US-Wahlkampf gleichermaßen durcheinander. Für Europa und die Welt wäre es besser, wenn Barack Obama stehen bleibt.

Barack Obama im Glück: Hurrikan Gustav schwächt sich ab und sein politischer Gegner John McCain kann sich nicht als bessere republikanische Katastrophen-Alternative zu Präsident GeorgeW. Bush präsentieren - noch einmal gut gegangen! Aber nicht nur die Natur meint es gut mit dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten, auch die weltpolitischen Krisen nehmen Barack Obama und seinen Konkurrenten im Wahlkampf ums Weiße Haus nicht wirklich in Beschlag: Russland marschiert in Georgien ein und zieht nur halbherzig wieder ab und ein neuer Kalter Krieg wird an die Wand gemalt und zeichnet sich in vielen West-Ost Hin und Hers schon ab - doch die amerikanischen Präsidentschaftskandidaten können auf ihren Conventions strahlen, als wenn nichts wäre.

Respekt, Glanzleistung! Die USA waren es doch, die Georgien aufgerüstet und militärisch beraten und Präsident Nicolas Saakaschwili zu seinem wahnwitzigen Kriegszug gegen den übermächtigen Nachbarn verleitet haben - doch jetzt hört man von der anderen Seite des Atlantiks nicht mehr viel über den Kaukasus und die dortige Malaise. Dafür wird in der EU darüber beraten und gestritten und vertagt, wie es mit Russland und seinem Muskel zeigenden Regierungs-Tandem weitergehen soll. "Sauber abgeputzt, Amis!" könnten die Europäer sagen - sagen sie aber nicht, die sind beschäftigt, die Kluft in den eigenen Reihen zu schließen. Aber in Amerika ist Georgien weit weg und ein neuer Kalter Krieg, schaut es aus, kein Thema. Und wahrscheinlich hat ORF-Moskau-Korrespondentin Susanne Scholl recht, die bei den Politischen Gesprächen in Alpbach gemeint hat, es könne gar keinen neuen Kalten Krieg geben, denn auf beiden Seiten gibt "es kaum eine Ideologie mehr". Aber auch ohne Ideologie, die Wirtschafts- und anderen Interessen sind geblieben. Die Amerikaner haben ihre und die Russen wollen auch etwas - und dazwischen die Europäer sind zwar nie einer Meinung, stellen sich je nach geographischer Lage und geschichtlichem Hintergrund in Sicherheits-, sprich NATO-Fragen, mehr zu den einen, doch beim Pipeline- und Gas-Thema auch wieder zu den anderen.

Aber bei den US-Präsidentschaftsküren sind diese Sorgen keine Sorgen. Da geht es um die Ängste des US-Mittelstands und darum, wie der amerikanische Häuslbauer seine Kredite zurückzahlen kann. Die außenpolitische Erfahrung der Präsidentschaftskandidaten scheint mehr im Nichtwähler-Europa als im wählenden Amerika ein Thema zu sein. Ansonsten ist es undenkbar, dass eine derartig unbeleckte Vize-Kandidatin, noch dazu für den ältesten Präsidenten-Anwärter, nominiert werden konnte.

Barack Obama hat in einer seiner Reden sinngemäß gesagt, dass das Bush-Amerika die weltweite Führungsrolle eingebüßt hat, er aber diese wieder zurückerobern wolle. Bitte! Okay! Gekauft! Gerne sogar, denn Europa kann und vor allem will nicht führen, aber auch in einer multipolaren Welt braucht es einen, der voran geht. Und lieber die Amerikaner und ihre Welt- und Menschensicht als irgend ein anderer Aspirant auf eine gobale Führungsrolle.

"Leadership" - denn bei uns tut man sich so schwer von Führerschaft zu reden - braucht es. Zum Nutzen für die Welt: in Klima- und Energiefragen, in Wirtschaftsfragen, oder anders gesagt, in Armuts- und Elendsfragen, in Kriegs- und Friedensfragen, in Menschenrechtsfragen … Pathetisch gesprochen und nach diesen gigantischen US-Wahlshows kann man ja gar nicht anders: Nicht nur Amerika, diese Welt braucht einen "Change". So wie es läuft, läuft es nicht - in den USA und überall.

Die Einsicht ist nicht neu, aber mit dem Antritt von Barack Obama scheint sie einen neuen globalen Durchsetzungs-Versuch zu starten. Nur so ist ja auch die weltweite Hoffnungs-Hysterie um den schwarzen Präsidentschaftskandidaten zu erklären. Es geht bei diesen US-Wahlen nicht nur um Iowa, Missouri oder Kansas und die anderen Sterne auf der US-Fahne. Es geht um mehr, es geht wieder einmal um alles. Es geht darum, dass in Amerika wieder einmal einer sagt, dass eine bessere Welt möglich ist. Und auch wenn es Obama nicht schafft, die Chance auf einen Wechsel soll Amerika und der Welt nicht genommen werden.

wolfgang.machreich@furche.at

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