Globale Engagementpolitik

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Im globalen Umfeld sucht Barack Obama einen Kurs der multinationalen Verantwortung. Dabei mischen sich mehrere Traditionen amerikanischer Außenpolitik miteinander.

Barack Obamas Außenpolitik vereint verschiedene Traditionen der Beziehungen Amerikas mit der Welt in sich, die auf die Gründungsväter zurückgehen. #Engagement# dominierte die Außenpolitik in der ersten Hälfte seiner Amtszeit. Mit Russland wurde mit dem neuen START-Abkommen die nukleare Abrüstung forciert, was die Beziehungen auf eine neue Grundlage stellen soll. Mit China wurden vorerst Gemeinsamkeiten betont, wie Klimaschutz und Wirtschaftsbeziehungen. Dem Iran wurde ein Angebot zur weiteren Anreicherung von niedrig angereichertem Uran im Ausland angeboten. Nordkoreas Wunsch, bilaterale Gespräche mit den USA zu führen, wurde entsprochen, aber mit der Rückkehr Nordkoreas zu den Sechsparteiengesprächen verbunden. Bei all diesen Themen sollen die USA mit gutem Beispiel vorangehen. Mit der Betonung der Macht des Vorbildes bleiben starke jeffersonsche Elemente vorhanden. Obamas Äußerungen, dass #keine Macht eine andere dominieren soll# und dass die internationalen Beziehungen #kein Nullsummenspiel# seien, sondern von #gegenseitigem Respekt# geprägt sein sollen, stammen nicht aus der machtpolitisch orientierten realistischen Schule. Hillary Clinton spricht nicht wie die Realisten von einer multipolaren, sondern von einer #multipartnerschaftlichen Welt#.

Vielschichtige Politik

Es gibt jedoch mehrere Seiten in Obamas Außenpolitik. Er zog die Kampftruppen aus dem Irak ab, erhöhte jedoch die Truppenstärke in Afghanistan. Das Versprechen, mit dem Abzug der Truppen Mitte 2011 zu beginnen, deutet auf die Befürchtung hin, dass ein neues Vietnam entstehen könnte. Das Verteidigungsbudget hat Obama weiter erhöht. Mit China steht er am Rande eines Handels- und Währungskonfliktes. Er liefert Waffen an Taiwan. Mit Waffenverkäufen an Saudi-Arabien soll ein Mächtegleichgewicht im Mittleren Osten hergestellt werden. Er stellte Russland harte Bedingungen bei den Rüstungskontrollverhandlungen und kritisiert Russlands Verhalten im Kaukasus. Er verschärft die Sanktionen gegen den Iran und droht Nordkorea mit weiterer Isolation. Wenn die Ansprechpartner von Obamas #Engagement#-Politik die ausgestreckte Hand nicht ergreifen, werden die dem Realismus/Hamiltonismus zuzuschreibenden Komponenten von amerikanischen Interessen und die Macht der USA stärker sichtbar.

Obama hat globale nukleare Abrüstung und Rüstungskontrolle wieder zum zentralen außenpolitischen Thema der USA gemacht und den Vereinten Nationen wieder Bedeutung gegeben. Sein Multilateralismus beschränkt sich aber nicht darauf. Wichtig sind für ihn ebenso informelle Kooperationsforen, etwa die G-20 # wohl auch weil sie in ihrer Zusammensetzung eher die weltpolitische Konstellation widerspiegeln als etwa der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

Für die Europäer bedeutet Obamas Politik, dass sie Teil des globalen Systems sind. Es gibt keine Automatik der transatlantischen Beziehungen mehr, sie müssen ihren Beitrag zur Lösung globaler Probleme leisten. Andernfalls werden sich die USA andere Partner suchen.

Obama denkt global, er wird jedoch immer wieder mit regionalen und lokalen Interessen konfrontiert. Die USA sehen in der NATO ein hilfreiches Instrument globaler Politik. Einige europäische Staaten sehen im Bündnis weiterhin primär eine Territorialverteidigungsorganisation gegenüber Russland. Um globale Probleme zu lösen, ist Russland aber ein wichtiger Partner der NATO. Die USA versuchen, diese Positionen zu vereinbaren, oft nicht sehr glücklich, indem sie das Prinzip der Territorialverteidigung auf globale Probleme anwenden wollen, wie Energiefragen und Cyberangriffe.

Man könnte auch einen Schuss von idealistischem Wilsonismus bei Obama erkennen, spricht er in seinen Reden doch immer wieder die Vorzüge der Demokratie an. Er kritisierte den Iran wegen der Unterdrückung der Oppositionsbewegung und empfing den Dalai Lama. Es handelt sich dabei aber eher um ein jeffersonsches Vorbildverhalten denn um eine Verbreitung von Demokratie, die den Einsatz von Gewalt einschließt, wie es das neokonservative Projekt vorsah. Alle diese Konzepte kann man in der Administration Obama finden, und sie stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander. Wenn #Engagement#-Politik nicht erfolgreich zu werden verspricht, kommt den realistischen Komponenten mehr Bedeutung zu. Barack Obama stellt sich den globalen Herausforderungen mit internationalistischer Engagementpolitik, wenn nicht ein äußeres Elementarereignis den außenpolitischen Kurs der USA einmal mehr ändert.

* Der Autor ist Univ. Prof. und USA-Experte am Österreichischen Institut für Internationale Politik (oiip)

USA # Weltmacht auf neuen Wegen

von Heinz Gärtner 3. ergänzte Auflage

LIT-Verlag, Berlin 2010

272 S. E 19,90

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