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US-Politik wird mißverstanden
Als ein Freund von meiner Entsendung nach dem neutralen Österreich hörte, zog er sofort den Schluß, daß ich in Wien meine Frühpension genießen würde. Mein Freund wollte mir einfach keinen Glauben schenken, als ich ihm sagte, daß ich außerordentlich aktiv und geschäftig zu sein hoffe, denn Österreich — als ein sich nach dem Westen ausrichtendes, aktives neutrales Land - sei von großer Bedeutung für die Vereinigten Staaten.
Als ein Freund von meiner Entsendung nach dem neutralen Österreich hörte, zog er sofort den Schluß, daß ich in Wien meine Frühpension genießen würde. Mein Freund wollte mir einfach keinen Glauben schenken, als ich ihm sagte, daß ich außerordentlich aktiv und geschäftig zu sein hoffe, denn Österreich — als ein sich nach dem Westen ausrichtendes, aktives neutrales Land - sei von großer Bedeutung für die Vereinigten Staaten.
Ich erklärte meinem Freund, daß von Österreich eingenommene Positionen und Haltungen unter Umständen ausschlaggebend für die Erreichung amerikani-
scher Ziele sein können. Den Grund dafür zu erkennen, ist nicht schwer: Sich als neutrales Land empfehlend, wird Österreich überall geachtet, nirgends aber, und das sollte ich vielleicht hinzufügen, noch mehr als in den Vereinigten Staaten.
Wenn daher der Blickwinkel Österreichs mit dem der Vereinigten Staaten übereinstimmt, so erhöhen sich die Chancen, gemeinsame Ziele zu erreichen, ganz beträchtlich.
Österreichs Ausrichtung nach dem Westen gewährleistet eine übereinstimmende Beurteilung vieler Fragen. Wo es dennoch Unterschiede gibt, sind diese auf die Verschiedenartigkeit unserer beiden Länder zurückzuführen, eine andere Größe, eine andere Geographie, andere Naturschätze, eine andere Zusammensetzung unserer Gesellschaften, anders gelagerte internationale Interessen und Pflichten, und sich unterscheidende Regierungsstruktu-
ren, um nur die offensichtlichsten dieser Faktoren zu nennen.
Die von mir soeben erwähnten Punkte schließen eine völlige Gleichheit der Perspektive aus. Allerdings bin ich der Überzeugung, daß wir hier in Österreich, ebenso wie anderswo, unsere Politik nicht immer so adäquat artikuliert haben, um andere Völker davon überzeugen zu können, daß die Ziele der amerikanischen Außenpolitik weder ihren eigenen entgegengesetzt noch unmoralisch sind:
Auf eine knappe Formel gebracht, ist es unser Bestreben, pluralistische demokratische Gesellschaftssysteme zu fördern, bei denen das Recht der Völker auf Freiheit gewährleistet und die Sache des Friedens und der Sicherheit der Welt gut aufgehoben ist…
Ich möchte mich jetzt wichtigen Fragen zuwenden, bei denen es zu Fehleinschätzungen und Mißverständnissen der amerikanischen Politik gekommen ist:
Da ist einmal die Einstellung der Regierung zu den Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion. In seiner aufschlußreichen Aussage vor dem Außenpolitischen Ausschuß des Senats am 15. Juni hat Außenminister George Shultz klar gestellt, daß die USA der Sowjetunion nicht kriegerisch oder antagonistisch gesinnt sind, dies etwa wegen der weit auseinanderklaffenden Ziele und Anschauungen politischer und moralischer Natur. Vielmehr beruhe die Haltung der Regierung Reagan gegenüber der UdSSR „auf einer realistischen Einschätzung der Herausforderung, der wir uns gegenübersehen“.
In der Tat wird die von den USA gegenüber der Sowjetunion verfolgte Politik „durch die Herausforderung bestimmt, die das internationale Verhalten der Sowjetunion in den letzten Jahren dargestellt hat“.
Lassen sie mich zwei Beispiele anführen: Hinter unseren Bemühungen um eine Verbesserung unserer konventionellen und anderen Streitkräfte steckt kein Wunsch, der Sowjetunion gegenüber militärisch überlegen zu werden.
Ebensowenig hat unsere Haltung zu Fragen der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Ost und West etwas mit einem Wirtschaftskrieg zu tun oder mit einem Bestreben, die Sowjetunion mit den Mitteln der Wirtschaft auf die Knie zu zwingen. Wir wollen einzig und allein gewährleisten, daß solche Beziehungen im Einklang mit den Sicherheitsinteressen des Westens stehen.
Wir sollten daher die Sowjetunion weder mit subventionierten Krediten noch mit technologi-
sehen Ausrüstungen versorgen, die dazu angetan wären, das militärische und wirtschaftliche Potential der Sowjetunion zu erhöhen und zugleich dem Westen eine enorme Verteidigungslast aufzulegen.
Dennoch kann es, wenn man an die Sache gut herangeht, sogar in Perioden relativer Spannung positive Ergebnisse geben - ein Beispiel dafür ist ja der Abschluß des österreichischen Staatsvertrags im Jahr 1955 in der Endphase des Kalten Krieges. Umgekehrt können Perioden relativer Entspannung unerwünschte Folgen zeitigen — ein Beispiel dafür sind die Aufrüstungsanstrengungen der Sowjetunion während des Zeitabschnitts der sogenannten „Detente“.
Damit komme ich zur nächsten falschen Auffassung, nämlich zum Irrglauben, daß der Präsident der Vereinigten Staaten es mit der Rüstungskontrolle nicht ernst meine.
Nichts könnte der Wahrheit weniger entsprechen. Er hat sich mit Leib und Seele diesem Ziel verschrieben und sich bereit erklärt, es an jedem Ort jederzeit persönlich voranzutreiben, sobald sich die Aussicht auf seriöse Verhandlungen über ein überprüfbares ,.Paket“ von Maßnahmen zur Rüstungskontrolle eröffnet.
Was ein künftiges Gipfeltreffen anlangt, bin ich allerdings nur vorsichtig optimistisch, denn ich weiß sehr genau, daß Präsident Reagan nie und nimmer aus Gründen politischer Berechnung unrealistische Erwartungen erwecken oder ein Abkommen ab- schließssen würde, mit dem die Sicherheit des Westens nicht wirklich gefestigt wäre…
Auszug aus der Rede von US-Botschafterin Helene von Damm vor der amerikanischen Handelskammer in Österreich am 7. Juli. Es war dies die erste offizielle Rede der neuen Botschafterin seit ihrem Amtsantritt.
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