Krieg & Kollateralschäden

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Niemand kann sagen, man habe es nicht gewusst: Eine Studie zeigt die Folgen eines Irak-Kriegs.

Eine aktuelle Studie der britischen Ärzte-Gesellschaft "medact", erschienen unter dem Titel "Collateral Damage", warnt vor den katastrophalen Auswirkungen eines Irak-Kriegs. Moderne Kriege fordern vor allem eine sehr hohe Anzahl ziviler Opfer. Durch die Zerstörung von Infrastruktur jeder Art und Umweltschädigung wird die ohnehin unter dem Krieg leidende Bevölkerung noch dazu einem zusätzlichen hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt.

Kommt ein Bürgerkrieg?

Laut Studie wird der Krieg mit einer Serie verwüstender Luftangriffe beginnen, bei der nicht nur alle wichtigen militärischen Anlagen, sondern vermutlich auch Stromversorgung, Kommunikation, wesentliche Fabriken, Treibstofflager und Institutionen ziviler Verwaltung zerstört werden. Die Ziele wären sicher nicht nur in Bagdad. Zur Verwendung kommen dabei Marschflugkörper, Tarnkappenbomber, Kampfflugzeuge und vermutlich von Großbritannien aus operierende B 52 Bomber. Dazu käme der Einsatz präzisionsgelenkter konventioneller Waffen.

Als zweiten Schritt vermutet die Studie eine Besetzung des ÖlGebiets um Basta durch die Landung von Bodentruppen und Amphibienfahrzeugen, neuerlich verbunden mit heftigen Bombardierungen dieser Region. Drittens: Da im Kurdengebiet bereits Flugfelder durch US-Militäringenieure gesäubert und vorbereitet wurden, sind in diesem Raum Luftoperationen zu erwarten. In dieser Region befinden sich bereits NATO-Truppen, türkische Armee-Brigaden und US-Spezial-Einheiten. Angeblich gibt es ein Abkommen zwischen den US-Streitkräften und den türkischen Milizen über das Vorgehen, aber hier drohen sicher enorm hohe zivile Opfer und ein Bürgerkrieg. Der vierte Schritt wäre dann der Sturm auf Bagdad, dem die schlecht ausgerüstete und sicher nicht kampferfreute 375.000 Mann starke irakische Armee entgegengesetzt werden wird.

Kommt der Nuklearschlag?

Bedeutend schlimmer wäre, wenn es zum Einsatz von Atomwaffen käme - wie jüngst wieder angedroht. Dies ist zu befürchten, wenn das irakische Regime nicht rasch fällt und sich die Kampfhandlungen länger hinziehen. Auf jeden Fall ist mit einer enormen Zerstörung des Landes zu rechnen. Schon Afghanistan könnte eine Lehre sein, aber es wäre im Fall Irak offensichtlich wesentlich schlimmer. Die Kriegskosten haben die entwickelten Länder zu tragen.

Die bereits enorm geschädigte medizinische Infrastruktur wird im Krieg zusammenbrechen. Große Engpässe an Wasser, Nahrung und Energie treten auf. Umweltschäden und Vergiftungen von Personen durch bombardierte Ölanlagen liegen auf der Hand. Zusammenfassend erwartet die Studie: 48.000 bis 261.000 Tote bei dreimonatigem konventionellem Krieg. 375.000 bis 3,900.000 Tote, wenn ein Bürgerkrieg ausgelöst wird und Nuklearschläge stattfinden. 200.000 zu erwartende Tote durch Kollateral- und Langzeit-Effekte.

Dazu kommen noch mehr zerstörte Infrastruktur, noch größere Flüchtlingsströme, noch mehr Instabilität in den Nachbarstaaten, 200 Milliarden Dollar (!) Kriegskosten und enorm negative Auswirkungen für die Wirtschaft der Entwicklungsländer. Übrig bleibt ein zerstörtes Land mit möglicherweise andauerndem Bürgerkrieg, Hungersnot und Epidemien.

Als wirkungsvolle Alternativen zum Krieg machen die Autoren der "medact"-Studie folgende Vorschläge:

"gezielte kleine Sanktionen, die die Elite treffen,

"Waffeninspektionen komplett und objektiv,

"Einfuhrverbot auf Militärgüter beschränken,

"Hilfe aus dem Oil-for-foodProgramm erweitern und das

"Stützen demokratischer Kräfte für die Zukunft.

Der Autor ist Präsident der österreichischen Sektion der IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War - Friedensnobelpreisträger 1985).

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