Geld - © Bild: Rainer Messerklingerr (Unter Verwendung eines Fotos von iStock/ZeynepKaya

Philosophin Anne Siegetsleitner über den Neid, die Reichen und das Erben

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Hinterlassenschaften sind nicht fair verteilt. Ein staatlicher Eingriff in das „Weiterreichen von Wertvollem“ – wie es gegenwärtig viele fordern – ist aber ebenfalls riskant. Eine philosophische Abwägung.

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Hinterlassenschaften sind nicht fair verteilt. Ein staatlicher Eingriff in das „Weiterreichen von Wertvollem“ – wie es gegenwärtig viele fordern – ist aber ebenfalls riskant. Eine philosophische Abwägung.

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Wenn immer bei den einen große finanzielle Ungerechtigkeiten zu Empörung über „die Reichen“ führen, wird dies von anderer Seite schnell als Neid uminterpretiert. Empörung gilt – oder tat dies zumindest bis zur abwertenden Rede von den Wutbürgern – als moralisch ehrenwert, Neid hingegen – gerade in einem katholischen Umfeld – als moralisch verwerflich. Empörung ehrt, Neid diffamiert. Empörung zählt zu den Gerechtigkeitsgefühlen. Wer wegen zu hoher Vermögens-, Schenkungs- und/oder Erbschaftsbeträgen moralisch empört ist, verweist damit auf (als solche wahrgenommene) Ungerechtigkeiten. Wer gegen Ungerechtigkeiten eintreten will, wird bei einem überzeugenden Konzept höherer Steuern in diesem Bereich dieses unterstützen (und gegebenenfalls beim nächsten Urnengang entsprechend wählen).

Die anvertraute Gabe

Der Umkehrschluss gilt hingegen nicht: Wer hier für ein Konzept höherer Besteuerung eintritt, kann dies auch aus anderen Motiven tun, sehr wohl auch aus Neid oder einfach der Hoffnung auf eigene finanzielle Besserstellung. Der Ruf nach (höheren) Vermögens-, Schenkungs- und/oder Erbschaftssteuern findet gegenwärtig wohl nicht zuletzt deshalb großen Widerhall, weil viele Menschen verunsichert sind. Es sei nicht sichergestellt, dass sie einmal über mehr Eigentum verfügen und einen höheren Lebensstandard haben werden als ihre Eltern, wird beklagt. Wobei hier meist gemeint ist: dass es ihnen einmal besser gehen wird, als sie aufgrund ihrer bisherigen Lebenserfahrung als normal erachten. Der Vergleich mit dem Lebensstandard der Eltern, als diese selbst Kinder waren, wäre bei den meisten schnell ernüchternd. So gilt es auch die Aussage, man könne sich heute nichts mehr erarbeiten und aufbauen, differenziert zu beurteilen.

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