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Gehobener Schatz

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DIE TEXTE VOM TOTEN MEER. Band Ii Übersetzung. Band II: Anmerkungen. Von Johann Meier. Ernst-Reinhardt-Verlag, München-Basel. 190 und 232 Seiten. Preis 24 DM.

Die Literatur über die Handschriftenfunde am Toten Meer ist derart angewachsen, daß man bereits von einem eigenen Zweig der Wissenschaft, der Kum-ranologie. spricht. Nachdem bereits über die Funde mehr als genug, manchmal in sensationell ausladender Art, geschrieben wurde, bringt nun vorliegendes Standardwerk die Texte selber erstmals in deutscher Übertragung. Es beschränkt sich auf die Funde der Höhlen 1 und 4 (Sektenkanon, Hymnenrolle. Kriegsrolle, Haba-kukkommentar. Gencsisapokryphon, Michakommentar. Worte des .Mose. - Buch ■. de Geheimnisse. Entwurf für das Israel der Endzeit, Segensformeln, Nahumkommentar, Patriarchensegen usw.). Die Bibeltexte, etwa die Jesajahrollen, sind nicht behandelt, da hier textkritische Fragen für die Fachwissenschaftler im Vordergrund stehen. Die Funde der anderen Höhlen warten noch auf ihre erste Publikation.

G. Molin bleibt das Verdienst, daß er mit seinem Buch „Söhne des Lichtes“ (1954) die Höhlenfunde, soweit sie damals erreichbar waren, einem weiteren Leserkreis vermittelt hat. Meier hat nun unter Anregung von Kurt Schubert, der dem Werk ein Geleitwort vorausschickte, die Texte neu übersetzt und mit einem kriti-

schen Anmerkungs- und Erklärungsapparat versehen. Die Teilung in zwei Bände erleichtert die Benutzung des Werkes. Damit ist dem Wunsch von Theologen und Laien Genüge getan, die längst eine handliche Ausgabe der Texte vom Toten Meer wünschten, um sich so aus den Quellen selber über die verschollene und nun wieder entdeckte geistige Welt um das Neue Testament informieren zu können. Das Werk gehört zu den grundlegenden theologischen PuMjl^tionen unserer. Zeit. Ob man will oder nicht, muß man sich als Theologe mit der Welt von Kumran auseinandersetzen, da von hier sehr viele Fäden zum Neuen Testament hin zu laufen scheinen.

Die Übersetzung ist so wörtlich als möglich, was einen manchmal sprachlich stören mag, aber doch das Gefühl der Treue bei einem des Hebräischen Unkundigen erwecken muß. Die Anmerkungen erklären schwierige Ausdrücke, wieder mit zahlreichen Verweisen auf den hebräischen Urtext Wertvoll erscheinen die verschiedenen Exkurse, wo zu gewagten Hypothesen Stellung bezogen wird. Besonders Dupont-Sommer hat mit seiner Deutung des ..Lehrers der Gerechtigkeit“ Aufsehen erregt, da er behauptete, dieser sei wie

Christus gekreuzigt werden und wieder erstanden. Das Christentum wäre demnach eine verbesserte Auflage von Kumran. Den strittigen Text übersetzt Meier folgendermaßen: „Seine Deutung geht auf den Frevelpriester, der den Lehrer der Gerechtigkeit verfolgte, um ihn zu verschlingen in der Wut seines Grimmes. An der Stätte seines Exils und zur Zeit des Festtages der Ruhe, des Versöhnungstages, erschien er bei ihnen, um sie zu verschlingen und sie zum Straucheln zu bringen am Tage des Fastens des Sabbaths ihrer Ruhe“ (I, S. 15 5). Von einem gewaltsamen Tod des Lehrers ist also keine Rede: Was darüber hinaus über seine Wiederkunft und Verklärung behauptet wurde, „das entstammt keinem Text, sondern einer exegetischen Methode, die man allgemein und nicht minder im Bereich der alt- und neutestamentlichen Wissenschaft als schlechthin unkritisch bezeichnen müßte“ (II, S. 139).

Sehr instruktiv sind auch die Exkurse über „Armut“ und „Geist“, wodurch die „Armen im Geiste“ der Bergpredigt verständlich werden (II, S. 83). Besonders begrüßenswert ist das Sachregister nach Leitworten, wodurch es möglich wird, den vergrabenen Schatz zu heben.

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