Kirche - © Foto: Pixabay

Zwischen Postmoderne und Esoterik den unmittelbaren Gott bewahren

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Ein kleines Büchlein als gute Einführung ins große Werk Karl Rahners.

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Ein kleines Büchlein als gute Einführung ins große Werk Karl Rahners.

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Der Jesuit Rahner prägte mit seiner Theologie die katholische Kirche in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts wie wohl kein anderer. Wesentliche Neuerungen des II. Vatikanischen Konzils sind ohne seine Vor- und Mitarbeit kaum vorstellbar, zumal nachdem Kardinal König ihn als Berater nach Rom brachte. Dennoch scheint die gegenwärtige Theologie über ihn hinaus- und zum Teil hinweggegangen zu sein. Wozu dient in dieser Situation eine neue Einführung in sein Denken?

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Das Büchlein gibt auf knappen 125 Seiten einen guten Überblick über die Entwicklung der Philosophie und Theologie Rahners, wobei die Darstellung zwar im Grunde chronologisch-lebensgeschichtlich angelegt ist, doch zum Glück immer das systematische Interesse prägend ist. Die Spannungen in diesem langen Leben (1904-1984) voller intensiver kirchlicher Gestaltungsprozesse werden auf spannende Weise spürbar, während die Integrationsleistung seines Denkens durch das Nachzeichnen der Einflüsse Blondels, Marechals und Heideggers hervortritt. Das erster Drittel des Buchs widmet sich der grundlegenden philosophischen Zeit Rahners.

Die Autoren führen zu den Fragen des Jesuitenlehrers und zum Mitdenken, was dessen Absicht sicher am meisten entspricht. So muß immer wieder argumentierend ins Detail gegangen werden, doch für Interessierte, die die Anstrengung des Begriffs nicht scheuen, bleibt die Darstellung gut lesbar. Billiger ist Rahner nicht zu haben, und für theologische Laien, die über ein paar Grundbegriffe verfügen, ist die Einführung ebenso verdienstvoll wie als Überblick für Theologen.

Denn die Systematische Theologie absorbierte mittlerweile die Früchte Rahners - und ging rasch weiter, etwa in die Politische Theologie. Doch sein (kerygmatisches) Vermittlungspotential, gerade auch für eine anspruchsvolle Verkündigung, bleibt weitgehend ungenutzt. Noch immer wird landauf, landab den "Hörern des Wortes" in Predigten zu wenig Theologie zugemutet; die pastorale Vermittlung hinkt der theologischen Vermittlungsleistung Rahners weit nach.

Die Systematische Theologie absorbierte mittlerweile die Früchte Rahners - und ging rasch weiter, etwa in die Politische Theologie.

Die "anlaßorientierte" und doch immer systematisch ausgerich-tete Arbeitsweise Rahners "im Blick auf die Anforderungen der kirchlichen Situation, die Rahner wie wohl kein anderer Theologe unseres Jahrhunderts mit äußerster Sensibilität und zugleich realistischer Nüchternheit wahrgenommen hat" (107), bietet Bausteine eines kritischen Verständnisses für Themen von durchaus aktuellem und breitem Interesse, beispielsweise seine Reflexionen zu Kirchen- und Amtsstruktur, zur Ökumene, seine Klärungen zu Marienerscheinungen oder seine berühmte, meist simplifizierte Theorie vom anonymen Christen. Diese kann ohne die Begriffe des übernatürlichen Existentials und der transzendentalen Offenbarung nicht erfaßt werden.

Die Autoren, beide ausgewiesene Fachleute, können manches Mißverständnis in den richtigen Verständnisrahmen einordnen. Sie machen nachvollziehbar, wie für Rahner Theologie zugleich Anthropologie sein muß - wegen der Menschwerdung Gottes selbst. Sie stellen eine anthropologische Konstante fest aus seinen philosophischen Wurzeln bis zu den letzten theologischen und pastoralen Verzweigungen; "der Selbstvollzug des Menschen in Freiheit bleibt der Ausgangspunkt" (112).

Der Ausblick bemerkt, daß Rahner schon "historisch" geworden ist und nennt vorsichtig Defizite seines Denkens. Kritische Anfragen im einzelnen werden allerdings nur angemerkt, während das bleibende Potential (etwa in den Fragen von Berufung - Amt - Charisma) nicht ausgelotet wird. Die spirituelle Dimension in seiner ganzen Theologie wird wohl betont, doch zu wenig aus dem spezifisch Ignatianischen und aus der Exerzitienerfahrung hergeleitet.

Die Auswahlbibliographie hat ein menschenwürdiges Ausmaß, Personen- und Sachregister sowie die Zeittafel sind als hilfreiche Instrumente angelegt.

Karl Rahner ging es von Anfang bis Ende um die Gottunmittelbarkeit des einzelnen Menschen und die "Würde des Transzendierens". Insoweit dies zwischen Postmoderne und Esoterik zu entschwinden droht, erfüllt dieses Buch eine wichtige Funktion, als Aufruf, sich dem erreichten Reflexionsniveau des Christlichen anzuschließen.

Buch

KARL RAHNER

Von Albert Raffelt und Hansjürgen Verweyen.
Verlag C. H. Beck (Beck'sche Reihe 541 Denker),
München 1997, 144 Seiten, kart., öS 130,

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