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„Genosse Trend“ in Formkrise

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Während in der Presse die Wlahlen in einigen niederösterreichischen Gemeinden am 24. November kein breiteres Echo gefunden haben, so haben die Ergebnisse in den Zentralen der großen Parteien sehr wohl Überraschung ausgelöst. Man ist sich bewußt, daß lokale Wahlen in Gemeinden besonders stark von den örtlichen Verhältnissen und Persönlichkeiten beeinflußt werden. Daraus lassen sich die trendmäßig sehr unterschiedlichen Wahlresultate der verschiedenen Gemeinden erklären. Tatsache ist aber, daß immer dann, wenn eine größere Zahl von Wählern betroffen ist, in der Gesamtsumme genau jene Entwicklungen ihren Niederschlag finden, die sich auch auf Landes- und Bundesebene abzeichnen.

Überall gleiche Resultate

Es erscheint damit weitgehend klargestellt, daß den Haupteinfluß auch auf lokale Wahlergebnisse die Bundeepotitik ausübt. Seit dem Herbst 1967 gab es bei allen Wahlen einen einheitlichen Trend. Die Sozialisten gewannen in sehr beachtlichem Ausmaß, während die ÖVP weit unter ihren bisherigen Marken lag. Die Prozentsätze der Veränderungen glichen einander in verblüf-

fender Weise, ob es sich nun um Landtagswahlen wie Oberösterreich und Burgenland handelte, um Stadtwahlen wie in Linz, Graz, Salzburg und Klagenfurt oder um Neuwahlen in zusammengelegten Gemeinden, vor allem in Niederösterreich und Steiermark.

Die letzten Wahlen zusammengelegter niederösterreichischer Gemeinden etwa, genau vor einem Jahr, unterscheiden sich in ihrem Gesamtresultat in keiner Weise von anderen Wahlgängen der gleichen Zeit. Anfang des diesjährigen Herbstes zeigte sich in steirischen Gemeinden das gleiche Bild, ob es sich nun um agrarische Bezirke der Oststeiermark oder um die Industriegebiete des Murtales handelte.

Bei den niederösterreichischen Ge- meinderatiswahlen am 24. November, bei denen an die 40.000 gültige Stimmen abgegeben wurden, ergab sich erstmals ein anderes Bild. Zwar konnten die Sozialisten auch hier ihre Stimmenainzahl vermehren, der Zuwachs betrug jedoch lediglich 0,7 %. Von besonderer Bedeutung aber ist, daß die ÖVP nach langer Zeit wieder einmal einen Stimmengewinn zu verzeichnen hatte, wenn er auch mit 0,2 % sehr minimal war.

Die Wahlstrategen in der Kämtner- straße und in der Löwelstraße haben sehr rasch errechnet, daß die Ergebnisse . vom 24. November, auf die Landtagswahlen im Herbst 1969 projiziert, keine Mandatsverschiebungen in Niederösterreich ergeben würden.

Umkehr in Salzburg?

In der SP-Zentrale hofft man, daß es sich nur um eine zufällige Abweichung vom bestehenden Bundestrend handelt. Auch bei der ÖVP, sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene, gibt man sich keinen Illusionen hin. Man schließt aber nicht aus, daß der „Genosse Trend“ — wie schon so oft im zeitlichen Vorfeld von National- raitswahlen —. in eine Formkrise schlittert.

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