Dinosaurier - © Foto: Getty Images / Mark Stevenson / Stocktrek Images

Nachhall der Vernichtung

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Am Ende der Kreidezeit führte ein Asteroiden-Einschlag zu jähem Klimawandel und Artensterben. Die Dinosaurier verschwanden – und die Ökosysteme brauchten Millionen Jahre, um sich zu erholen.

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Am Ende der Kreidezeit führte ein Asteroiden-Einschlag zu jähem Klimawandel und Artensterben. Die Dinosaurier verschwanden – und die Ökosysteme brauchten Millionen Jahre, um sich zu erholen.

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Es geschah im Golf von Mexiko: Aus dem Weltall donnerte ein riesiger Gesteinsbrocken auf die Erde. Größer als der Mount Everest, hatte er die mehrfache Geschwindigkeit eines Überschall-Flugzeugs. Er schlug ein 30 Kilometer tiefes Loch in die Erde, mit einem Durchmesser von 100 Kilometern. Alles Leben im Umkreis löschte er schlagartig aus. Eine tödliche Glutwelle breitete sich aus, Gesteinstrümmer gingen in die Luft. Riesige Staubwolken zogen herum und verdüsterten den Globus. In vormals tropischen Gefilden wurde es plötzlich eiskalt.

Auch wenn sich der Staub in der Luft wohl rasch gelegt haben dürfte, bildeten sich in der Atmosphäre winzige Tröpfchen von Schwefelsäure: Schließlich waren es 100 Milliarden Tonnen Schwefel, die laut Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in die Luft geschleudert wurden. Diese Tröpfchen blockierten über viele Jahre die Sonneneinstrahlung und ließen die mittlere Jahrestemperatur um 26 Grad (!) sinken. Verheerende Erdbeben, Tsunamis und Waldbrände zählten wohl ebenfalls zu den Folgen der globalen Katastrophe, die unzählige Tiere und Pflanzen vernichtete – und den Lauf des Lebens vor rund 66 Millionen Jahren massiv veränderte.

Eine Glutwelle breitete sich aus, Gesteins-trümmer gingen in die Luft. Riesige Staubwolken verdüsterten den Globus. In den Tropen wurde es plötzlich eiskalt.

Dieses Ereignis gilt als Ursache dafür, dass die Dinosaurier am Ende der Kreidezeit von der Bildfläche dieses Planeten verschwunden sind. Eine fatale Kettenreaktion war in Gang gesetzt worden: Pflanzen erfroren oder gingen unmittelbar am Lichtmangel zugrunde; Pflanzenfresser verhungerten; und Fleischfresser konnten sich auch nicht ewig vom herumliegenden Aas ernähren.

Feuerball am Himmel

Ein fossiler Fund im amerikanischen Bundesstaat North Dakota hat heuer erstmals direkte Hinweise auf das Massenaussterben geliefert: 3000 Kilometer von der Einschlagsstelle entfernt wurde ein chaotischer Geröllhaufen mit angehäuften Fossilien entdeckt – entstanden durch flutartige Wellen, die damals ein Flusstal überschwemmt hatten. Darunter fanden sich zum Beispiel die Überreste eines Süßwasser-Störs, der offensichtlich an den kleinen Glaspartikeln erstickt war, die aus dem Feuerball am Himmel heruntergeregnet waren. Auch im Meer gab es ein großes Artensterben: Durch die kalte Luft kühlte das Oberflächenwasser ab. Somit wurde es schwerer und sank in die Tiefe, während wärmeres Wasser von dort nach oben strömte.

Das könnte zu einer Algenblüte geführt haben, wie die Experten des PIK vermuten. Dass dadurch auch die kleinsten Meerlebewesen aus dem Gleichgewicht gerieten, haben nun internationale Forscher in einer Studie gezeigt, die im renommierten Fachjournal Nature erschienen ist. Mehr als 700.000 Fossilien wurden dafür ausgewertet: „Wir suchten nach kalkreichen Kleinstfossilien im Plankton, sammelten Informationen über 13 Millionen Jahre und beobachteten die Dynamik alle 13.000 Jahre“, berichtet Sarah Alvarez von der Universität Bristol. „Das ist wahrscheinlich die größte fossile Datenbank, die aus einer Stelle gewonnen wurde.“

Plankton ist die Grundlage für die Nahrungskette in den Meeren. Nach dem Asteroideneinschlag waren die winzigen Organismen sehr instabil und deren Zellgrößen ungewöhnlich klein. Darunter litten auch die Fische und andere größere Lebewesen, die auf Plankton als Nahrung angewiesen waren. Erst nach knapp zwei Millionen Jahren waren allmählich größere Zellen und neue Arten zu beobachten. Diese trugen fortan dazu bei, ein Ökosystem zu etablieren, das resilient gegenüber dem drastischen Klimawandel war. Danach dauerte es weitere acht Millionen Jahre, bis sich die Arten zahlenmäßig erholt hatten. Das zeigt, wie lange es braucht, bis sich die Ökosysteme neu aufstellen konnten.

Damals wie heute ist das Ökosystem im Meer vom Plankton abhängig, folgern die Studienautoren: Artensterben und schwindende Biodiversität können stets zu instabilen Gemeinschaften und dem Verlust wichtiger Funktionen im Ökosystem führen. Wohl aufgrund des aktuellen Klimawandels ist die Biomasse des Planktons seit Mitte des 20. Jahrhunderts um fast die Hälfte gesunken. Aber auch der Plastikmüll und der zunehmende Lärmpegel in den Meeren sind eine Belastung. „Wenn Arten verschwinden, besteht die Gefahr, dass Lebewesen mit Schlüsselfunktionen aus dem Ökosystem eliminiert werden“, erläutert Samantha Gibbs, Studienautorin von der Universität Southampton. „Anhand der Fossilien konnten wir zeigen, dass die ökologische Funktion nur dann gewährleistet ist, wenn die richtigen Akteure zur Stelle sind, die ihre Schlüsselrollen erfüllen.“

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