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Aufruf zum Dialog

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Anläßlich der 7. Nationalen Studientagung der KAJ (Katholische Arbeiterjugend), die vom 22. bis 26. Mai im Bildungshaus Puchberg bei Wels stattfand, befaßten sich 180 Verantwortliche aus allen Diözesen mit der Thematik „Der junge Arbeitnehmer über Zwanzig in der heutigen Gesellschaft“. An einem einleitenden Podiumsgespräch nahmen Dipl.-Ing. Ernst Gehmacher vom Institut für Empirische Sozialforschung (IFES), Pater Fritz Mitter- huber sowie der Tiroler Diözesan führer der KAJ, Herbert Pichler, teil.

Die Gesprächsteilnehmer wiesen unter anderem auf die Belastung hin, die durch die Bewältigung neuer Aufgaben (Wohnungsbeschaffung usw.) eintreten und die oftmals ein Zurückstecken von Zielen (Weiterbildung) und eine allgemeine Resignation (Aufgaben des Einsatzes für andere, des Apostolates und teilweise auch des Freundeskreises) zur Folge habe. Das Streben nach Sicherheit und Position nehme einen bestimmten Platz ein und finde beispielsweise in einem häufigen Berufswechsel — der öffentliche Dienst wird bevorzugt —, aber auch in äußerlichen Symbolen (Aussehen, Kleidung) seinen Ausdruck. Dabei sei — beruflich gesehen — die Mobilität unserer Gesellschaft etwas sehr Positives. Man könne ausbrechen, weiterkommen, höherklettern. Diese Generation möchte gewollt sein, gebraucht werden. Sie wollen als junge Erwachsene verstanden und behandelt, nicht nur stets auf ihre Pflichten, sondern auf die ihr zustehenden Rechte verwiesen werden. Dipl.-Ing. Gehmacher billigte in der anschließenden Diskussion den Mehrais-Zwanzigjährigen ausdrücklich die Funktion eines Aufrüttlers zu. Ihnen obliege die Beeinflussung der heutigen Gesellschaft. Für sie könne das Schlagwort von der „Ruhe als Bürgerspflicht“ keine Geltung besitzen . Alle Referenten betonten in ihren Ausführungen die Notwendigkeit kleiner, angepaßter Interessen- beziehungsweise Freundschaftskreise für diese Altersstufe.

Antwort in allen Lebensbereichen

Höhepunkt der Tagung war das Referat von Marcel Uylenbroečk, Generalkaplan der Internationalen KAJ und Nachfolger Kardinal Cardijns. Uylenbroečk versuchte auf die bereits eingangs aufgeworfenen Fragen und Probleme die „Antwort der Kirche durch die KAJ“ zu geben und betonte, die Antwort dürfe nicht bloß von der Amtskirche, nicht allein von den Gewerkschaften, sie müsse von den jungen Arbeitnehmern selbst kommen. Es gelte die Passivität und Resignation — das „Ohne-mich-Denken“ — zu überwinden und zu einem Engagement in Betrieb, Gewerkschaft und anderen Bereichen zu kommen. Mitdenken, mitsprechen und seine Berufung entdecken zu können sei für alle wichtig. Sie sollten jedoch zuerst den Menschen entdecken, sein Wesen, seine Verantwortlichkeit, seine Kultur, seine Freiheit und seine Aufgaben. Uylenbroečk nannte dazu wörtlich folgendes Beispiel:

„Das Elend in den Entwicklungsländern rührt uns — wir tun auch manchmal etwas dafür —, aber entdecken wir auch, daß man bei uns alles unternimmt, um einzuschläfern, nicht Mensch sein zu können, es nicht entdecken zu können. Ziel der jungen Arbeitnehmer, insbesondere der KAJ — müsse es sein, eine Gesellschaft aufzubauen, wo jeder Mensch sein könne. In einer solchen Gesellschaft leben wir jedoch noch nicht.“

Der Gast aus Brüssel kam auch auf den Wert der Arbeit zu sprechen und meinte, Arbeit könne nicht nur „Job“ sein, um Geld für die Freizeit zu verdienen. Wozu brauchten wir dann noch die Bemühungen der

Gewerkschaften um Berufsorientierung, Mitbestimmung und anderes mehr? Hinsichtlich unseres sprichwörtlich gewordenen „Wirtschaftswunders“ wies Uylenbroečk darauf hin, daß „wir zwar viel Geld haben, gleichzeitig aber im Begriff sind, unsere Würde zu verlieren“. Damit stelle sich jedoch der Kapitalismus in Frage.

Wesentlich sei es für die jungen Menschen auch, zu entdecken, wie Gott ist. Nicht ein Gott der Konservativen, der die bestehende Ordnung aufrechterhält, der dafür da ist, daß alles ruhig bleibt, sondern ein Gott, der die Menschen auf ruft, für ihre Mitmenschen in Liebe zu kämpfen! Christen seien wir nur dann, wenn wir uns mit Gott für andere einsetzen. Das Wesen des Christentums seien die Hoffnung und der Glaube, daß Gott mit uns ist. So könnten wir allmählich die neue Welt bauen.

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