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Kernproblem: Familie

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Soziologie der Familie. Von P. Bernhard H ä r i n g. Olto-Müller-Verlag, Salzburg. 238 Seiten.

Die Familie ist ihrem Wesen nach nicht allein das Bauelement der Gesellschaft, sondern auch ein Teil derselben insoweit, als die gesellschaftlichen Faktoren in einem erheblichen und wachsenden Umfang die Familie in ihrer Qualität und Gestalt mitbestimmen. Wir erleben nun eine Epoche der Wiederbesinnung auf die in der natürlichen Familie angelegten Möglichkeiten für eine Reform der gesellschaftlichen Ordnung. Es muß daher das Bemühen des Autors des vorliegenden Buches, Professor an der Academia Alfonsia in Rom. begrüßt werden, die Stellung der Familie einmal allseitig herauszustellen, vom Moralischen wie vom Soziologischen, vom Oekonomischen wie vom Sakramentalen her. Die Familie ist nicht allein aus dem Ich-Du-Verhältnis von Mann und Frau, sondern in einem entscheidenden Maß von der Umwelt bedingt. Obwohl selbst atomares Milieu, ist sie einem größeren Milieu geradezu eingeboren, so daß die Menschen in der Familie von in kon-entrischen Kreisen angelegten Milieuterrains geformt werden. So sind daher Natur und Umwelt in gleicher Weise zu beachten, wenn auch die Familie zuvorderst, gerade ihrer Natur nach vor der Gesellschaft, eine personale Gemeinschaft ist.

Häring unternimmt es, in breiter Darstellung die Notsituation der Familie zu beweisen. Reiches Ziffernmaterial und vielseitige Hinweise auf die einschlägige Literatur zementieren die aufgestellten Thesen. Um auch den Laien mit dem Gegenstand der Darstellung vertraut zu machen, gibt Häring eine kurze Einführung in die Soziologie, in ihre wesentlichen Begriffe und in das, was die Gesellschaft kennzeichnet. Im zweiten Teil, der eigentlichen Familiensoziologie, werden sodann die Beziehungen von Familie zur Religion, zur Kultur, zum Staat, zur Wissenschaft und zur Technik in prägnanter und eindringlicher Weise aufgezeigt.

Den Abschluß bildet eine ausgezeichnete und eine dem nicht sachkundigen Leser sicher hochwillkommene Erklärung der verwendeten Fachausdrücke. Das Buch ist, wie der Klappentext sagt, „in die Zeit hineingeschrieben“, aktuell und zugleich auf den ewigen Normen christlicher Ethik aufgebaut. *

Der Ausgleich der Familienlasten. Von Hans Schmitz. 2. Auflage. Heft 2 der Schriftenreihe des Instituts für Sozialpolitik und Sozialreform, Wien. 114 Seiten.

Es spricht für die Qualität der Art, wie heute Sozialreform gemacht wird, daß sie nicht mehr auf mechanische Lösungen abgestellt, sondern auf eine allgemeine, alle Schichten umfassende Lösung bedacht ist. Das heißt etwa: Nicht mehr Lohngerechtigkeit allein, sondern Bezug bei der Lohnbemessung auf den Bedarf der vom Lohnempfänger zu versorgenden Konsumgemeinschaft. Im Prinzip geht es hier um eine Rückkehr zur Institution der „Nahrung“ des frühen und hohen Mittelalters, nach dem vorweg dem Wirtschaftenden so viele Erwerbschancen zugemessen wurden (sei es an Ackerboden oder Betriebsgröße), als er benötigte, um eine Familie „standesgemäß“ erhalten zu können.

In den weltweiten Versuchen, die Familienlasten den Familienerhaltern teilweise abzunehmen, steht Oesterreich nicht zurück. Das beweisen die vielfältigen und wirksamen Maßnahmen, die seit 1945 ergriffen wurden.

Die vorliegende Broschüre beschäftigt sich insbesondere mit den Ergebnissen der Untersuchungen, die ein seit zwei Jahren im Wiener Institut für Sozialpolitik und Sozialreform geführter Arbeitskreis angestellt hat.

Der Autor der Schrift — in der Frage Familienpolitik publizistisch führend tätig — beschränkt sich nicht auf eine Wiedergabe der vom Institut ermittelten Ergebnisse, sondern bringt u. a. den vollen Wortlaut der Referate, welche bei der letzten Wiener familienpolitischen Woche gehalten worden waren: „Die Väter und Mütter, die Ausgebeuteten von heute“ (Univ.-Prof. Dr. A. Knoll); „Die Zukunft unserer Altersversorgung“ (Univ.-Dozent Generalsekretär Dr. Hans Schmitz) u. a.

In weiterer Folge bringt Schmitz umfangreiche theoretische Erläuterungen im Zusammenhang mit einer Gesamtdarstellung des Problems der Familienlasten und der Bemühungen zu ihrer optimalen Erleichterung. Schließlich werden unter Bezug auf die jüngsten legislativen Maßnahmen in Oesterreich das Familienlastenausgleichsgesetz und das Kinderbeihilfengesetz im Wortlaut gebracht. Beide Gesetzestexte bilden einen für den Leser hochwillkommenen dokumentarischen Nachweis des Fortschritts, der in Oesterreich bisher auf einem Teilgebiet der Sozialreform erzielt werden konnte.

Die trotz ihres Umfanges gewichtige und inhaltsreiche Broschüre muß allen empfohlen werden, für welche die Sozialreform ein konkretes Anliegen ist. Das umfangreiche Datenmaterial und die grundsätzlichen Ausführungen des Verfassers geben ein anschauliches Bild und machen die Publikation zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel des Sozialpraktikers.

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