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Digital In Arbeit

Schluß mit dem Hinunterlizitieren

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Der Sachverhalt der Politikerbezüge ist in dreifacher Hinsicht problembeladen:

1. Die Bezugsberechtigten sind gleichzeitig diejenigen, die über die Bezugsregelung entscheiden.

2. Das Bezugssystem ist teilweise inakzeptabel und unvertretbar.

3. Manche Politikerinnen führen die Diskussion feige, scheinheilig und populistisch.

Zu 1.: Weil die Bezugsberechtigten selbst über die Bezugsregelung entscheiden, entsteht zu Recht oder zu Unrecht der Eindruck einer Privilegierung. Es ist daher erfreulich, daß der seinerzeitige Vorstoß des LiF zwecks Objektivierung der Diskussion (das LiF-Modell ist durch die H. Neumann Management Consulting ausgearbeitet worden) aufgegriffen worden ist. Nunmehr liegt ein Vorschlag einer Gehaltspyramide vor, den eine unabhängige Kommission unter dem Vorsitz des Rechnungshofpräsidenten ausgearbeitet hat. Ich begrüße diese Vorgangsweise sehr. Sie entspricht der Idee der Gewaltenteilung zwecks Kontrolle, entzieht dem Argument den Boden, wir seien hinsichtlich unseres eigenen Bezugssystems befangen, und setzt politische Arbeit in Beziehung zu anderen Tätigkeiten in der Gesellschaft.

Zu 2.: Die Vorschläge der Fiedler-Kommission führen zu einem akzeptableren und vertretbareren Bezugssystem. Nennen möchte ich zum Beispiel die Abkoppelung der Politikerbezüge vom Beamtenschema, die Abschaffung des Zulagenunwesens, die weitere Anpassung der Bezüge aufgrund des Tariflohnindexes der Gesamtwirtschaft, die Beseitigung von arbeitslosen Einkommen, kein Spesenpauschale, sondern Abrechnungspflicht, die Einbindung der Politiker in das Pensionssystem des ASVG et cetera. Es wäre schön, wenn die Vorschläge der Kommission zuzüglich einiger Verbesserungen umgehend umgesetzt werden. Zu diesen zählt zum Beispiel die Berücksichtigung der Unterschiede bei qualitativen und quantitativen Kenndaten (zum Beispiel Größe von Bundesländern oder von Städten). Auch sollte der Bundespräsident in die Pyramide einbezogen werden. Ferner wäre es schlüssig, die Bezüge der Führungskräfte jener Unternehmen in die Gehaltspyrami-de einzubeziehen, deren Unternehmensrisiko der Staat trägt.

Für diejenigen Funktionsträger, die nach den Vorschlägen der Kommission in den Genuß von Bezugserhöhungen kämen, sollte eine Übergangsregelung getroffen werden: Die Erhöhung sollte erst für nachfolgende Funktionsträger wirksam werden.

Festhalten möchte ich, daß Parteienfinanzierung über Parteisteuern (oder über die Förderung von Parteizeitungen) für mich inakzeptabel ist. Es gehört daher die Parteisteuer, nicht deren steuerliche Absetzbarkeit abgeschafft.

Zu 3.: Die Bevölkerung kann zu Recht den Anspruch erheben, daß wir Politikerinnen quantitativ und qualitativ unser Bestes leisten. AVenn ich diesem Anspruch genüge und wenn inakzeptable, unvertretbare Elemente des Bezugssystems beseitigt sind, dann erhebe auch ich als Politiker einen Anspruch, nämlich, daß meine Arbeit entsprechend entlohnt wird, daß das ständige Hinunterlizitieren aufhört und daß man sich nicht dauernd gegenseitig anschüttet.

Manchmal habe ich den Eindruck, daß uns Politikerinnen nicht zu helfen ist: Den Verzicht auf den Lippen (aber nicht immer im Kopf), Geld auf den Straßen verteilend, Notare zwecks Dokumentation unserer Bescheidenheit beschäftigend, einander im medialen Bekenntnis, auf irgend etwas zu verzichten, überbietend, machen wir uns lächerlich.

Die Politik steht im Wettbewerb mit anderen Lebensbereichen, wenn es darum geht, qualifizierte Personen zu gewinnen. Faktoren in diesem Wettbewerb sind unter anderem das Einkommen der Politikerinnen und der Umgang mit diesen. AVenn diese Faktoren inattraktiv werden, wird man schwerer qualifiziertes Personal bekommen.

Anmerken möchte ich, daß mir mein Beruf als Universitätsprofessor nicht zuletzt deshalb, weil ich von der Politik nicht abhängig sein möchte, unverzichtbar ist, obwohl angesichts der Anforderungen in beiden Bereichen die Doppelbelastung fast unerträglich ist. Ich lehne es daher ab, mich ständig zu rechtfertigen, daß ich für meine politische Arbeit und meine quantitativ reduzierte Professorenarbeit, diesfalls aliquot, bezahlt werde.

Der Autor ist

Universitätsprofessor und Klubobmann des Liberalen Forums im steiermärkiscben Landlag.

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