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Wer reorganisiert wen?

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Wir haben in der angestellten Betrachtung wieder die Gegenwart erreicht, und es werfen sich nun die Fragen auf, ob unsere Exekutive wirklich einer Reorganisation bedarf, wer reorganisieren soll und was reorganisiert wird?

Dazu ist in großen Zügen folgendes zu sagen: Staatspolistisch und fachlich gesehen wäre die Änderung der Organisationsform unserer Exekutive erstrebenswert. Die Finanzverwaltung, die Post- und Telegraphenverwaltung u. a. werden zum Unterschied von der Exekutive straff zentralistisch geführt. Daß sich in unserem Kleinstaat die Kompetenzen der Staatsexekutive überschneiden und reiben, ist keineswegs von Vorteil. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Exekutive über ihre eigentlichen Aufgaben hinaus — man will es zwar nicht wahrhaben — heute den Rahmen des zivilen Bevölkerungsschutzes bilden wird müssen.

Da die Frage bezüglich einer Änderung der Organisation der Exekutive noch nicht an die Volksvertretung herangetragen wurde, können die Vorgänge in der Exekutive nur als Maßnahmen des „Ausbaues“ gedeutet werden. Im Überschwang hat die Ära Olah sich in der Terminologie vergriffen oder wollte mehr scheinen als sie war.

Bleiben wir daher ab jetzt bei dem schlichten Ausdruck „Ausbau der Exekutive“. Nun, wer soll die Exekutive ausbauen?

•Falsch ist es jedenfalls, wenn der jeweilige Minister im Alleingang ausbaut, denn Minister kommen und Minister gehen, die Beamten und die Institution müssen aber bleiben.

•Falsch ist es, wenn ein organisationsmäßig nicht zuständiger Beraterkreis nach parteipolitischen Vereinsgesichtspunkten ausbaut.

•Falsch ist es, wenn die Personalvertretung, gestützt auf das Wohlwollen des Ministers, ausbauen will, und ganz falsch ist es, wenn Amateure und Gschaftlhuber in ihrem Geltungsdrang am Ausbau herumbasteln.

Die Exekutive ist kein Verein, dem man bei jeder neuen Obmannwahl neue Statuten geben kann.

Die Ausbauarbeit an der Exekutive muß von den zuständigen Stellen im Ministerium fachlich und sachlich auf weite Sicht geplant betrieben werden. Vorbedingung ist, daß die mit diesen Arbeiten befaßten Beamten nicht der Willkür ihrer wechselnden politischen Vorgesetzten ausgeliefert werden oder daß geplante Ausbauvorhaben an der Voreingenommenheit hochgestellter Nichtfachleute scheitern.

Als letztes bleibt die Frage, was ausgebaut werden soll? Vorweg müssen folgende Feststellungen genommen werden:

•Auch in der Konsumgesellschaft — an ihren dauerhaften Bestand zu glauben bleibt dem einzelnen Zeitgenossen überlassen — steht und fällt die Exekutive mit ihrer inneren Ordnung und ihrer Disziplin. An diesem Grundsatz zu rütteln, gegen ihn aus parteipolitischer Opportunität oder aus persönlichen Gründen zu konspirieren oder zu intrigieren ist in staatspolitisoher Sicht falsch und gefährlich. Bei dieser Feststellung soll weder einem falschen Traditionalismus noch dem sogenannten Korpsgeist das Wort gesprochen werden. Ordnung, Disziplin, freiwillige Unterordnung unter die Gesetze und Vorschriften sind in der Demokratie allgemein geförderte Bürgertugenden und keine besonderen Bestimmungen für Angehörige der Exekutive und für Soldaten.

•Was die Ausbildung der Exekutive anlangt, ist trotz der „neuen Zeit nicht viel zu sagen. Fest steht, daß der einzelne Beamte gewisse körperliche Fertigkeiten erlernen muß, daß er mit sichtbarem Fleiß die theoretischen Voraussetzungen seines selbstgewählten Berufes erlernt, daß er seine Waffen und die technischen Hilfsmittel bedienen kann und daß er sich in seinem Dienstbereich die notwendigen Personal- und Lokalkenntnisse aneignet. Uber den Ausbildungsvorgang braucht ebenfalls hier nicht viel gesprochen werden. Es geht nur darum, daß die Ausbildung in die richtigen Hände gelegt wird. Hilfsschulpraktiken sind jedenfalls fehl am Platz — es geht ja um die Erlernung eines nicht leichten Berufes. Der Exekutivdienst ist eine Marter, ein lebensgefährlicher Dienst. Menschen, die diesen Beruf wählen, müssen auf viele Annehmlichkeiten des bürgerlichen Lebens verzichten, sie stehen unter der Disziplinargewalt des Staates und haben in Ausübung des Dienstes eine schwere Verantwortung zu tragen. Die aufgezählten Auflagen, die den Exekutivbeamten von den anderen Staatsbüngern unterscheiden, müssen vom Staat anerkannt und in entsprechender Form abgelöst werden. Mit einer finanziellen Besserstellung wäre auch die Nachwuchsfrage für den Exekutivdäenst gelöst, und man könnte auf problematische Werbeaktionen verzichten.

Nach diesen Feststellungen kann die Frage nach dem Wos des Ausbaues der Exekutive kurz beantwortet werden.

Des Ausbaues bedürfen in erster Linie die Dienststellen. Wenn auch der augenblickliche Personalmangel dazu drängt, Dienststellen aufzulassen, ist es falsch, 200 Gendarmerieposten zu schließen. Die Grundlage des Sicherheitsdienstes sind die Personal- und Lokalkenntnisse der Beamten in ihrem Dienstbereich. Diese Kenntnisse können durch technische Hilfsmittel nicht ersetzt werden. Die technischen Hilfsmittel,Funk- und Drahtverbindungen, Motorisierung usw., tragen wohl zur Verflechtung — zur Engmaschigkeit — des Exekutivdienstes wesentlich, bei; sie sind ober nicht seine Grundlagen. Mit den Personal- und Lokalkenntnissen und dem ständigen Kontakt mit der Bevölkerung haben die Exekutivorgane die Hand am Puls des Geschehens und sind imstande zu handeln.

Des Ausbaues bedürfen weiter die Bewaffnung und Ausrüstung, die technischen Hilfsmittel, das Funk- und Fernsprechwesen, die Motorisierung und nicht zuletzt der Flugrettungsdienst.

Diese Ausbauvorgänge sind eine Notwendigkeit, sie sdnd selbstverständlich. Es ist daher nicht zu begreifen, daß die Vorgänge in dieser Richtung mit allen möglichen Mitteln hoch- oder tiefgespielt werden, daß die Parteipolitik auf den Plan tritt und daß die Exekutive zum Versuchsobjekt obskurer Gedankengänge verschiedener Strömungen wird.

Der Exekutivdienst ist ein Dienst für die Allgemeinheit, ein Dienst für den Staat schlechthin. Ein solcher Dienst hat notwendigerweise sein Dogma, und dieses kann durch Dialektik nkht ersetzt werden. Daher sollen politische, beamtete und andere Praktizisten die Hände davon lassen. Sie alle leisten der Exekutive und damit dem Staat einen schlechten Dienst.

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