6869058-1978_16_05.jpg
Digital In Arbeit

1000 Mann und ein Befehl

Werbung
Werbung
Werbung

Österreichs Energiesparmeister Peter Weiser gab im Fernsehen wieder einmal Tiefschürfendes von sich: In Österreich werden - so hat er in mühevollen Recherchen herausgefunden -Fahrzeuge häufig verkehrsbehindernd geparkt, was zu Verkehrsstauungen und damit zur Energievergeudung führe. Das Ei des Peter Weiser: Eine 1000 Mann starke Polizeitruppe soll ihre Energie einzig und allein auf Parksünder konzentrieren, um so Energie sparen zu helfen.

Vom Personalmangel bei der Exekutive, die ohnehin schon viel zu stark mit der Verkehrsüberwachung und der Ahndung von Parkvergehen befaßt ist, scheint Peter Weiser noch nichts gehört zu haben. Von der Quantität der eingesetzten Exekutivorgane betrachtet wäre die Bekämpfung der Parksünder ohnehin ausreichend - die Frage ist nur, ob sie auch effektiv ist.

Das Problem ist hier vor allem das subjektive Erfolgserlebnis und der objektive Erfolgsnachweis. Der Polizist, auf Parksünder angesetzt, ist notwendigerweise daran interessiert, möglichst viele Organmandate auszuteilen. Er wird sich da,s Jagdrevier daher in erster Linie dort suchen, wo die Rechtssituation unklar ist, und er wird dort das Gesetz möglichst rigoros interpretieren - im oftmals erprobten Vertrauen darauf, daß sich sowohl Verwaltungsbehörde als auch Gerichte im Falle eines Rekurses der rigorosen Interpretationen anschließen werden.

Oder er Jagt“ dort, wo gegen ein Parken vom Standpunkt der Verkehrsflüssigkeit ohnehin nichts einzuwenden ist, wenn es auch nach formalen Gesichtspunkten nicht der Rechtsnorm entspricht.

Die Jagd auf die echten Parksünder, die tatsächlich rücksichtslos und verkehrsbehindernd parken, bringt hingegen keine so umfangreiche Ausbeute und ist daher bei der Exekutive unbeliebt.

Wie so vieles in Österreich wird die Verkehrsüberwachung nicht nach sachlichen, sondern nach fiskalischen Gesichtspunkten durchgeführt: Die Exekutive muß in erster Linie die Einnahmevorstellungen der Gebietskörperschaften aus dem Titel der Verkehrsstrafen erfüllen. Deshalb ist auch die Exekutive in der Überwachung des fließenden wie des ruhenden Verkehrs primär an den vollen Kassen interessiert.

Darüber hinaus werden in sehr vie-

len Fällen Lastkraftwagen verkehrsbehindernd abgestellt - und Lastwagen sind für die Exekutive tabu. Schon beim fließenden Verkehr zeigen die 'Straßenaufsichtsorgane gegenüber den Lastkraftwagen eine Müde, die in eklatantem Gegensatz zur häufig schikanösen Strenge gegenüber den Fahrern von Personenkraftwagen steht.

Schließlich sind es nicht nur geparkte Autos, die Verkehrsbehinderungen verursachen. In noch viel größerem Maß trifft dies für Umleitungen oder für Absperrungen bei Bauarbeiten zu, wobei die Größe der beanspruchten Fläche und die Dauer der Absperrung in den wenigsten Fällen gerechtfertigt erscheint. Dazu kommt noch die notorisch schlechte Koordination zwischen den diversen öffentlichen Stellen, was bekanntlich immer wieder zum Aufreissen und Absperren der gleichen Straßenstücke in nur kurzer zeitlicher Distanz führt.

Das Wichtigste aber ist - und dies müßte vor allem einer Energieagentur auffallen —, daß sich das Problem der Verkehrsbehinderung und des falschen Parkens ganz einfach nicht durch immer genauere Überwachung und rigorose Strafen lösen läßt.

Parkvergehen werden nicht aus Disziplinlosigkeit, sondern aus Mangel an Parkraum begangen. Es sind einfach zuviele Fahrzeuge auf der Straße. Und hier stoßen wir auf die eigentliche Crux: Seit Jahrzehnten wird - obwohl die gegenwärtige Misere bereits seit langem abzusehen war - die konstante Zunahme der Motorisierung nicht nur toleriert, sondern auch noch auf jede erdenkliche Art gefördert.

Sieht man von der luxussteuerbe-dingten und sicherlich nur vorübergehenden Baisse im Autohandel ab, steigen auch in Hinkunft die Neuzulassungen sicherlich weiter an, immer mehr Fahrzeuge werden Österreichs Straßennetz bevölkern. Die Motorisierung läuft dem Straßenbau dauernd davon.

Nicht durch Strafen sind die Verkehrs- und Energieprobleme zu lösen, sondern nur, wenn man sich endlich darüber Gedanken macht, wie dem konstanten Anschwellen der Autoflut auf eine vernünftige und zielführende Art ein Ende bereitet werden kann. DerMut zur Unpopularität, der von der Regierung so demonstrativ beim Erfinden neuer Steuern bewiesen wird, würde auf diesem Gebiet viel besser angebracht sein.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung