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„Exekutivlehrlinge“ gesucht

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Aus den unsicheren Jahren der Ersten Republik stammt der Plan, die

— damals — schwachen Sicherheitskräfte des Staates zu einem einheitlichen Wachkörper zusammenzuschweißen: Wiens spitzbärtiger Polizeipräsident und kurzfristiger Bundeskanzler Dr. Johann Schober sah darin ein Mittel, die immer stärker werdenden, bis an die Zähne bewaffneten Privatarmeen einigermaßen in Schach zu halten. Mitte der sechziger Jahre wurden die Pläne wieder aus der Registratur — wo sie inzwischen dicken Aktenstaub angesetzt hatten

— hervorgeholt: Innenminister Franz Olah und der Leiter seines Ministerbüros, Dr. Karl Stephani, planten ihrerseits eine großangelegte Reform der republikanischen Exekutive. Die Verwirklichung freilich wurde durch Olahs Sturz — scheinbar — verhindert. Nicht für lange allerdings: Minister Czettel, zunächst allen Neuerungen abhold, spielt wieder mit diesem Lieblingsgedanken zweier „starker Männer“ aus unserer jüngeren- Vergangenheit.

Nachwuchsfragen lösen halfen soll dabei — neben anderen Projekten — der Polizeilehrling. Dieser Knabe — einer seiner Väter soll der als Nationalratsabgeordneter vom Polizeidienst beurlaubte Sicherheitswacheoberstleutnant Hartl sein — wird möglicherweise schon bald von der „Herrengasse“ als Geheimwaöe gegen den Nachwuchsmangel eingesetzt werden, denn, gleichbleibende Tendenz vorausgesetzt, dürfte bei Gendarmerie und Sicherheitswache in gar nicht allzu ferner Zeit ein Drittel der systemisierten Stellen nicht mehr zu besetzen sein; jedenfalls zwingen Altersschichtung und Zahl der Neuaufnahmen zu diesem Schluß. Verständlich, daß diese Tatsache den Verantwortlichen großes Kopfzerbrechen bereitet. Es werden alle möglichen Mittel und Wege erörtert, um der Gefahr des „Versik-kerns der Exekutive“ abzuhelfen.

Der einfachste und wirkungsvollste Weg freilich scheint keine Aussicht zu haben, begangen zu werden; nämlich jener einer leistungsgerechten Besoldung, womit gleichzeitig auch die Sorge um den Nachwuchs behoben werden könnte. Weil also der „Leistungslohn“ Utopie zu bleiben scheint, reichen die Erwägungen und Überlegungen von der „werbenden“ Mitwirkung der Exekutivdienststellen selbst, über verlocken sollende Plakatanschläge und Zeitungsannoncen bis zum Ministergedanken des „Exekutivzöglings“ beziehungsweise „Exekutivlehrlings“.

Es soll hier nicht untersucht werden, ob und inwieweit diese Methoden realistisch oder zweckmäßig sind und Aussicht auf Erfolg haben, sondern es soll eine — meines Wissens

— bisher noch nicht ernsthaft in Betracht gezogene Möglichkeit aufgezeigt werden, wie dem Nachwuchsmangel an Beamten in der Exekutive abgeholfen werden könnte.

Abgesehen von der erwähnten, vorläufig aber scheinbar undurchführbaren Lösung des Problems von der Besoldungsseite her, wäre es meiner Meinung nach am zweckmäßigsten, durch eine entsprechende Änderung beziehungsweise Ergänzung des geltenden Wehrgesetzes den Exekutivdienst dem Wehrdinest gleichzustellen; wer in die Exekutive aufgenommen wird (dabei kann immer noch die Freiwilligkeit gewahrt werden), ist damit automatisch vom Wehrdienst entbunden. Eine ähnliche Lösung gibt es in Westdeutschland.

Solange sich jedoch auch in dieser Richtung keine Initiative abzeichnet (vielleicht, weil durch eine solche Gesetzesänderung politische Auswirkungen oder Auseinandersetzungen befürchtet werden), sollte ein anderer Weg auf seine Gangbarkeit geprüft werden.

Durch Ubereinkommen zwischen den Bundesministerien für Inneres und für Landesverteidigung müßte es doch möglich sein zu erreichen, daß jährlich — oder alle zwei Jahre eine bestimmte Anzahl der zur Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes verpflichteten Personen von ihrer Verpflichtung von Amts •wegen freigestellt werden, wenn sie sich unter bestimmten Bedingungen, die weiter unten aufgezählt werden, für den Exekutivdienst im Rahmen des Bundesministeriums für Inneres als Gendarmerie- oder Sicherheitswacheanwärter bereit erklären. Die Möglichkeit der amtswegigen Freistellung vom ordentlichen, wie auch vom außerordentlichen Präsenzdienst sehe ich in den Bestimmungen des 29 Abs. (2) lit. a) und Abs. (3) lit. a) des Wehrgesetzes, BGBl. Nr. 181/1955, in der geltenden Fassung.

Um den zur Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes heranstehenden Personen einen Anreiz zu bieten, sich freiwillig als Gendarmerie- oder Sicherheitswacheanwärter zu melden, müßte bei der Anwerbung in geeigneter Form auf die Vorteile einer solchen Verpflichtung hingewiesen werden.

Die Erfüllung folgender Voraussetzungen sollte meines Erachtens für die Aufnahme eines Präsenzdienstpflichtigen als „Exekutivanwärter“ gefordert werden.

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