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Karriere eines Finanzgenies
Werdegang und Laufbahn des Friedländers von seiner Geburt bis zu seinem Ende, seine Persönlichkeit, seine Taten und sein nachhaltiger Einfluß auf die europäische Geschichte werden auf der Grundlage einer scharfsinnigen Quellenkritik untersucht. Das an Ergebnissen der Forschung überaus reiche Wallensteinwerk des tschechischen Historikers Pekar, dessen deutsche Ubersetzung 1937 erschien, und Srbiks „Wallensteins End?“ (2. Auflage 1952) suchen die Frage des Verrats, Welcher die Ermordung Wallensteins rechtfertigen sollte, zu klären. Selbst den beiden großen Historikern gelang kein stichhaltiges Endurteil. Auch die wohldurchdachten Argumente in Diwalds Plädoyer werden nicht unwidersprochen bleiben. Als Leopold I. das Prager Wallenstein-Palais besichtigte und einer seiner Begleiter es das Haus des Rebellen nannte, bemerkte der Kaiser: „Weißt du.es gewiß, daß Wallenstein ein Rebell war?“ Die Frage bleibt bis heute offen.
Werdegang und Laufbahn des Friedländers von seiner Geburt bis zu seinem Ende, seine Persönlichkeit, seine Taten und sein nachhaltiger Einfluß auf die europäische Geschichte werden auf der Grundlage einer scharfsinnigen Quellenkritik untersucht. Das an Ergebnissen der Forschung überaus reiche Wallensteinwerk des tschechischen Historikers Pekar, dessen deutsche Ubersetzung 1937 erschien, und Srbiks „Wallensteins End?“ (2. Auflage 1952) suchen die Frage des Verrats, Welcher die Ermordung Wallensteins rechtfertigen sollte, zu klären. Selbst den beiden großen Historikern gelang kein stichhaltiges Endurteil. Auch die wohldurchdachten Argumente in Diwalds Plädoyer werden nicht unwidersprochen bleiben. Als Leopold I. das Prager Wallenstein-Palais besichtigte und einer seiner Begleiter es das Haus des Rebellen nannte, bemerkte der Kaiser: „Weißt du.es gewiß, daß Wallenstein ein Rebell war?“ Die Frage bleibt bis heute offen.
Aber es gibt noch ein anderes, unserer Zeit näherliegendes Rätsel: Woher stammen die Mittel des Friedländers, die größte Armee des Dreißigjährigen Krieges aufzustellen, zu bewaffnen und zu ernähren? Darüber gibt der Verfasser die ausreichende Antwort, für welche ihm der Dank der Wirtschafts- und Finanzgeschichte gebührt. Auch hier gilt der Rat für alle, welche nach dem Ursprung der Karriere berühmter Männer suchen: Cherchez la femme, in diesem Fall Lukretia von Witsch-kow, geb. Nekesch von Landeck. Die Ehe vermittelte der kluge Jesuit Pachta, der eine große Zukunft Wallensteins erahnte. Durch seine Ehe mit der schwerreichen Witwe wurde der Großgrund- zum Latifundienbesitzer. Die beispielgebende Landwirtschaft, die aus dem Boden gestampften Industrie, welche die Friedländer und Reichenberger Bezirke zu den wirtschaftlich bedeutendsten Gebiete der Monarchie bis zu ihrem Ende gestalteten, erhoben Wallenstein zum mächtigsten Großkapitalisten des Jahrhunderts, der schließlich als Reichsfürst und Herzog von Mecklenburg seinen bereits enormen Besitz bis zur Ostsee ausdehnte. Er hatte, was der Kaiser mit seinen ewig leeren Taschen tÜBOPeiä* hielt: Kredit.
Unsere von der weltweiten Inflation bedrückten Zeitgenossen dürfte das Kapitel über die Lange Münze und das Münzkonsortium, dem Wallenstein angehörte, besonders interessieren. Die aus der Not der kaiserlichen Finanzen zu erklärende Münzverschlechterung nach dem Plane des Prager Banquiers Bassewi, dessen Beziehungen zu Wallenstein von dem Verfasser nicht erwähnt werden, führte bald zu den üblen Folgen der Inflation und bereits nach
einem Jahr zur vollwertigen Ausprägung zurück.
Auf Eigenkapital und Kredit gestützt, erhielt Wallenstein Armee und Krieg sozusagen in Pacht/nicht wegen seiner noch nicht erwiesenen Feldherrngaben, sondern in seiner Eigenschaft als Unternehmer. Der Kriegsgewinner im doppelten Sinn des Wortes führte den Krieg auf Grund kaufmännischer und nicht nur militärischer Kalkulation. Das Wort, daß der Krieg eine zu ernste Sache sei, um seine Leitung dem Militär anzuvertrauen, erwies im Fall Wallenstein seine Richtigkeit. Es war das große, selbstverschuldete Unglück Ferdinands IL, daß er sich 1630 zu Regensburg übertölpeln ließ, Wallenstein in den Ruhestand versetzte und die Armee in Eigenregie übernahm. Mit der Entlassung des Friedländers ging dessen Garantie für den auf den Namen des Kaisers gewährten Kredit auf diesen über.
Die Zahlungsunfähigkeit des Kaisers brachte den Bankrott von Wallensteins Banquier De Witte, der seine Gläubiger nicht bezahlen konnte, mit sich. Er stürzte sich in den Brunnen seines Hauses und ertrank.
Die Not zwang den Kaiser, Wallenstein wieder zu Hilfe zu rufen. Die Reprivatisierung der Kriegswirtschaft, welche Österreich zur Machthöhe zurückführte, nahm mit dem Blutbad von Eger ein Ende, und der nun in die Politik und Armeeführung einziehende bürokratische Ungeist verlängerte den Krieg um vierzehn Jahre, bewirkte die Machteinbuße des Kaisers und furchtbare Verwüstungen in seinen eigenen Ländern.
Die obigen Erörterungen beschränken sich auf einen nur kleinen Teil der Biographie und ihrer viel-, ja allseitigen Betrachtung. Die Schreibweise des Verfassers ist flüssig, und, wie es von einem größeren Leserkreis geschätzt werden dürfte, manchmal allzu stark belletristisch. Kostbare Details und manches treffliche Apercu beleben die Darstellung; selbst der geschulte Historiker wird bei vielen Stellen gestehen: „Das hab' ich nicht gewußt“. Diwalds großes Werk verdient, allen Geschichtsfreunden wärmstens empfohlen zu werden.
WALLENSTEIN, EINE BIOGRAPHIE. Von Hellmut Diwald. Bechtle (München) 1969. 555 Seiten. Zirka 25 DM.
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