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Mein Wagnis in Monte Cassino

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V. Ausklang in Sant'Angelo

Immer noch rollten die Wagen nach Rom, immer noch waren Kostbarkeiten zu bergen. Eines machte mir große Sorgen: das wunderbare Chorgestühl in der Kirche mit seinen Engelsköpfen, das zu den besten Schnitzwerken seiner Art zählte. Aber es war zu groß, es ging nicht auf meine Lastwagen, ich hätte es zersägen oder sonst irgendwie zerlegen müssen — und wußte nicht wie, ich hatte keine Fachleute für derartiges, und eine schwere Beschädigung wäre unvermeidlich gewesen. Die Verantwortung dafür wollte ich doch nicht auf mich nehmen. Außerdem stand das Chorgestühl in der Kirche und diese würde doch geschont werden, dachte ich — leider. Und doch, nichts beweist die Notwendigkeit meines Rettungswerkes eindringlicher als der spätere Haufen Holzkohle, der einst Chorgestühl, der einst Kunstwerk war.

Das Kloster, das ein noch viel größerer Schutt- und Trümmerhaufen ist, wird zurzeit wieder aufgebaut. Das kann um so leichter geschehen, als es mir gelang, d i e alten Baupläne zu retten. Zwar rief der Kardinalstaatssekretär M a g 1 i-o n e nach dem Bombardement der Abtei und dem unmittelbar darauffolgenden Angebot von beträchtlichen Mitteln zum Wiederaufbau aus: „Und wenn sie Monte

Cassino aus Gold und Edelstein wieder errichten würden, es wäre doch nicht dasselbe!“; aber die äußere Gestalt wird doch annähernd die gleiche sein, und das Baumaterial zum großen Teil; so wird die Abtei auf den frommen Wanderer vielleicht einmal wieder den gleichen erhebenden Eindruck machen wie ehedem: wohl auch ein Denkmal des grausigen Kriegshandwerks, zugleich aber auch die eindringlichste Mahnung zum Frieden.

Nach wochenlanger aufopferungsvoller Arbeit waren alle Kostbarkeiten geborgen. Ehe ich meinen letzten Rundgang durchs Kloster antrat, begab ich mich zum Abt. Wiederholt hatte ich ihn gebeten, sich ebenfalls in Sicherheit bringen zu lassen. Jetzt, da alle unersetzlichen Kunstschätze, da auch die höchste Kostbarkeit von Monte Cassino, des heiligen Benedikt sterbliche Uberreste, geborgen waren, machte ich mich neuerlich erbötig, ihn persönlich, in meinem eigenen Kommandeurswagen, nach Rom zu bringen. Erzabt Diamare lehnte freundlich dankend ab. Er sei ja auch Bischof, betonte er, und könne in der Stunde der Gefahr seine Diözesankinder nicht verlassen. Er wisse, fügte er hinzu, daß ich als Soldat das verstehe. Ich verneigte mich stumm.

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