George Enescu - <strong>Humanist der Musik</strong><br />
Für Enescu ­hatte die Musik das Poten­zial, den ­Menschen edler zu machen. Als Lehrer und Mentor vermittelte er diese Botschaft an später selbst bedeutende Musiker wie Yehudi ­Menuhin. - © gettyimages / Photo 12 / Kontributor

„Musik soll aus dem Herzen kommen“

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Dem polyglotten Rumänen George Enescu gilt einer der musikalischen Schwerpunkte der Salzburger Festspiele. Im Mittelpunkt steht seine einzige Oper: „Oedipe“.

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Dem polyglotten Rumänen George Enescu gilt einer der musikalischen Schwerpunkte der Salzburger Festspiele. Im Mittelpunkt steht seine einzige Oper: „Oedipe“.

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Der legendäre Cellist Pablo Casals bezeichnete ihn als „einen der größten Komponisten unserer Epoche“. Der bedeutende Pianist Arthur Rubinstein rühmte ihn als großmütigen wie wundervollen Kollegen. Und Yehudi Menuhin, der einige Zeit lang sein Schüler war und ihn bis zu seinem Lebensende hoch verehrte, konstatierte: „Dank ihm wurde Musik für mich das, was sie auch für ihn war. Die Musik gab seinem ganzen Leben Farbe, ja sie war das Leben selbst.“

Die Rede ist von George Enescu, einer der umfassendsten musikalischen Persönlichkeiten in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Er war Komponist, Violinvirtuose und Pädagoge. 1921 dirigierte er Wagners „Lohengrin“ zur Eröffnung des ersten rumänischen Opernhauses in Bukarest an der Spitze seines nach ihm benannten Sinfonieorchesters. Das Gesamtwerk von Johann Sebastian Bach kannte er auswendig, ebenso Wagners „­Tristan“, den er nicht nur auf dem Klavier vorspielen, sondern dessen sämtliche Rollen er nachsingen konnte.

Gezeigt hat sich die enorme musikalische Begabung des 1881 in Leveni in eine kinderreiche Familie hineingeborenen George Enescu schon im Alter von fünf Jahren. Wenige Jahre danach ging er an das Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, wo Joseph Hellmesberger d. J. sein erster prägender Lehrer wurde. Nach der mit Auszeichnung absolvierten Ausbildung wechselte er nach Paris, wo er sich in Violine vom berühmten belgischen Violinvirtuosen Martin Pierre Joseph Marsick und in Komposition von Jules Massenet und Gabriel Fauré unterweisen ließ. Ab 1904 bestritt Enescu erste Tourneen als Geiger, Pianist und mit Kammermusik, war Primarius eines eigenen Quartetts und komponierte. Darunter eine als Hommage an Johannes Brahms, den er während seines Wien­aufenthalts kennengelernt hatte, gedachte tragische Ouvertüre und seine erste Orchestersuite, die Gustav Mahler in New York auf seine Programme setzte.

Eine Aufführung von Sophokles’ „König Ödipus“ 1909 in der Comédie-Française inspirierte ihn zur Idee einer Oper über den Ödipus-Stoff, deren Komposition sich bis in die 1930er-Jahre hinziehen sollte. Wobei er diese Arbeit vorerst ohne Libretto begann, dieses übermittelte ihm Edmond Fleg erst 1921 vollständig. Trotz des Triumphs der Uraufführung 1936 an der Pariser Opéra National kam die Novität über elf Vorstellungen aber nicht hinaus.

Monodrama mit Nebenpersonen

Erst nach Enescus Tod – er starb, zuletzt schwer gezeichnet von einem Schlaganfall und von finanziellen Problemen geplagt, für deren Linderung vor allem Yehudi Me­nuhin sorgte, 1955 in Paris – begann man sich dieser vieraktigen lyrischen Tragödie in sechs Bildern wieder zu entsinnen. Zuerst an den Opernhäusern von Brüssel und Bukarest, das 1958 die späte rumänische Erstaufführung seines prominenten Landsmanns realisierte, dann in Saarbrücken, Weimar, Stockholm, Luzern. In den späten 1990er-Jahren wurde die Oper in einer Inszenierung von Götz Friedrich in einer Koproduktion der Deutschen Oper in Berlin mit der Wiener Staatsoper, wo sie später wiederaufgenommen wurde, mit großem Erfolg gezeigt.

Nun steht dieses „Monodrama mit Nebenpersonen“ – wie der bedeutende deutsche Musikwissenschaftler Carl Dahlhaus diesen Vierakter wegen seiner eigenwilligen Struktur charakterisiert hat – im Mittelpunkt der fünfteiligen Enescu-Reihe dieses Salzburger Festspielsommers. Ingo Metzmacher dirigiert die Wiener Philharmoniker in einer Inszenierung des auch für Bühne und Kostüme verantwortlich zeichnenden Achim Freyer mit Christopher Maltman in der Titelpartie und Anaïk Morel als Jocaste.

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