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Gemeinsame geistige Urgründe
FESTSCHRIFT FÜR WALTER HEINRICH. Ein Beitrag zur Ganzheitsforschung. Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Gras. 431 Seiten. Preis 280 S.
FESTSCHRIFT FÜR WALTER HEINRICH. Ein Beitrag zur Ganzheitsforschung. Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Gras. 431 Seiten. Preis 280 S.
Herausgegeben von den Hochschulprofessoren Dr. Hans Riehl und Dr. Ulrich Schöndorfer und von OLGR. Dr. Josef Lob, stellt diese Festschrift eine wohl verdiente Ehrung zum 60. Geburtstag des derzeitigen Rektors der Wiener Hochschule für Welthandel, Dr. Walter Heinrich, dar. Wer sich in Österreich mit Gesellschaftswissenschaften und Nationalökonomie beschäftigt, findet den Namen Heinrich in vielfältiger Weise in Literatur und Lehre vertreten. Die weitreichende Fülle seiner wissenschaftlichen Interessen ließ ihn zentrale Probleme unseres staatlichen und wirtschaftlichen wie des gesellschaftlichen Lebens schlechthin durchforschen, die für gewöhnlich ein Mensch allein nicht zu überschauen vermag. Was an Heinrich so bemerkenswert ist, ist einerseits der weltanschaulich-philosophische Standort in dem Spannseilen Universalismus, dessen Fortentwicklung und Bewahrung heute vorwiegend in den Händen Walter Heinrichs liegt, anderseits sein unentwegtes, wissenschaftlich fundiertes Eintreten für den selbständigen Unternehmer der Klein- und Mittelbetriebsgröße, wofür er 1957 auch das grundlegende Buch „Wirtschaft und Persönlichkeit“ (Salzburg, Otto Müller-Verlag) schrieb.
In dieser Festschrift sind, mit der Ausnahme des grundgescheiten, allerdings nicht immer leicht verständlichen italienischen Philosophen Julius Baron Evola („Die organische Idee und die Krise unserer Zeit“), nur Hochschullehrer zu Wort gekommen, was man zwar verstehen kann, was aber eine Einengung darstellt, da einige führende Heinrich-Adepten (wie Vereno, Rosenberg, Lob), die Wesentliches zu bieten gehabt hätten, dadurch fehlen. Der Aufbau der Festschrift gliedert die Beiträge in verschiedene Disziplinen. Nicht alle Beiträge sind, trotz des Untertitels des Sammelwerks, Beiträge zur Ganzheitsforschung; manche stellen schlechthin wissenschaftliche Arbeiten aus dem Fachgebiet des Beitragsverfassers dar. Viele Beiträge sind aber echten Problemen der Ganzheitsforschung gewidmet. Als besonders bedeutsam seien herausgehoben: Virich Schöndorfer, „Die Theodizee Othmar Spanns“; Wilhelm Andreaef, „Ganzheitliche Grundsätze in Tocquevilles Hauptwerk, „Uber die Demokratie in Amerika“. (Wer hätte wohl gedacht, daß sich dort so viele universalistische Gedankengänge finden!) Ferdinand Westphalen, „Gedanken zum Problem einer gesellschaftlichen Ordnung nach dem Maße des Menschen“; Josef Kolbinger, „Grundfragen einer ganzheitlichen Betriebswirtschaftslehre“; Theodor Pütz, „Die Bedeutung der Prognose für die Wirtschaftspolitik“; Richard Kerschagl, „Das Budget und der Wohlfahrtsstaat“; ferner die drei gewerbewissenschaftlichen, geistig-theoretisch ganzheitlich grundgelegten Beiträge von Erich Hruschka, Taras Borodajkewycz und Wilhelm Wer-net. Mit besonderem Interesse vermerkt man bei dem kleinen Beitrag des Innsbrucker Volkswirtschaftslehrers Clemens-August Andreae über parafiskalische Gebilde (zum Beispiel Kammern), daß selbst zu einem solchen finanzwissenschaftlichenThe-ma der Gedanke des christlichen Subsidiaritätsprinzips entwickelt werden kann.
Viele der Beiträge machen deutlich, daß Spanns Universalismus, wie er auch von Heinrich weiterentwickelt wird, durchaus katholischem Denken adäquat ist. (Das muß hervorgehoben werden, weil Alfred Diamant in seiner soeben leider mit Textänderungen gegenüber dem englischen Originaltext auch in deutscher Sprache erschienenen Publikation über die österreichischen Katholiken und die Erste Republik geradezu obstinat das Gegenteil behauptet.) Gewiß wird sich nur eine Richtung im österreichischen Katholizismus vom Spannschen Universalismus angesprochen fühlen. Doch mag es genügen, daß gemeinsame geistige Urgründe im philosophischen Bereich bestehen, auf die Univ.-Prof. Doktor Meßner OFM. 1964 bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Ganzheitsforschung aufmerksam machte.Mögen manche Universalisten (wie zum Beispiel Evola) vom Christentum unendlich weit entfernt sein, so haben andere gerade als Universalisten zu ihm gefunden.
Die Heinrich-Festschrift ist, wie das meist bei Festschriften der Fall ist, uneinheitlich hinsichtlich des Wertes und des Gewichtes der Beiträge. Sie wird aber sicher dem Nationalökonomen und dem Gesellschaftswissenschafter viel Wertvolles bringen (leider dem Juristen nichts). Die Ausstattung ist gediegen, der Druck aber unbefriedigend.
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