6582098-1951_23_08.jpg
Digital In Arbeit

Die Zivilehe

Werbung
Werbung
Werbung

Die staatliche Ehegesetzgebung und die Kirche. Von Dr. Carl Holböck. Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien. 197 Seiten. Preis S 21.—

Von diesem wertvollen Buch muß man sagen, daß es im richtigen Augenblick erschienen ist, in der Zeit nämlich, In der das Eherecht Österreichs im Brennpunkt einer lebhaften Diskussion 6teht. Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und auch nachher erfolgten zahlreiche gewaltsame Eingriffe in das Rechtsleben unseres Volkes, die österreichische Reditskontinuität wurde auf vielen Gebieten unterbrochen, vielleicht am empfindlichsten im Eherecht. Das nationalsozialistische Ehegesetz des Großdeutschen Reiches, das am 1. August 1938 in Kraft trat, wurde in Österreich stets als ein fremdes Recht, als Bruch der österreichischen Tradition und Störung einer organischen Rechtsentwicklung empfunden. Dieses dem österreichischen Empfinden fremde Recht hat die Republik Österreich im Jahre 1945 übernommen. Es wurden zwar rassische Bestimmungen und eugenische Gesichtspunkte ausgemerzt, was aber nicht verhindern konnte, daß der Österreicher heute noch dieses Eherecht als fremdes Recht empfindet. Dazu “kommt die Unübersichtlichkeit unseres staatlichen Eherechts, weil neben dem national60zialistisdien Ehegesetz des Großdeutschen Reiches zahlreiche ältere Bestimmungen aus verschiedenen Teilen, zum Beispiel des ABGB aus 1811, im Burgenland auch noch Bestimmungen des ungarischen Gesetzesartikels XXXI aus dem Jahre 1894, in Geltung 6tehen. Die Notwendigkeit einer Reform ist unbestritten.

In diesem Zeitpunkt war es für den Kanonisten ein besonderer Anreiz, die Stellungnahme der Kirche zur staatlichen Ehegesetzgebung einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen. Diese Auigabe hat Holböck in glänzender Weise gelöst, wobei er die katholische Lehre über die Zivilehe, das Wesen und die Entwicklung der Zivilehe, ihre rechtliche Wertung, die rechtliche Haltung der Kirche gegenüber der Zivilehe, den Ehewillen beim bürgerlichen Akt, die Heilung in der Wurzel einer standesamtlichen Ehe, moral- und pastoraltheologische Fragen bespricht. Weil aber die Zivilehe fast überall dem Bande nach getrennt werden kann, mußte auch die Stellungnahme der Kirche zum staatlichen Ehescheidungsrecht, verbunden mit einigen moraltheologischen Fragen, in die Untersuchung einbezogen werden. Zuletzt führt Holböck über 34 Seiten einen Vergleich zwischen dem materiellen kirchlichen und staatlichen Eherecht durch. 16 Dokumente, Quellen-und Literaturangaben, ein knappes Sachregister bilden den Anhang.

Aus dieser Inhaltsangabe ist der besondere Wert des Buches gerade für jene Krei6e ersichtlich, die dazu berufen sind, an der Diskussion der Eherechtsfragen in Wort und Schrift, an der Erstellung von Gesetzesentwürfen oder sonst irgendwie an der Reform des Eherechts mitzuwirken. Holbödcs Buch bietet zur Klärung der Begriffe in verschiedenen Fragen des Eheredits einen wertvollen Beitrag. Bei einer Neuauflage wird ab und zu eine Ungenauigkeit zu korrigieren sein, daß zum Beispiel der Pfarrer vor dem Codex, das i6t vor Pfingsten 1918, seine Pfarrangehörigen überall... gültig trauen konnte (S. 46). Richtigerweise müßte man das Inkrafttreten des Dekrets: „Ne temere“ zu Ostern 1908 als Stichtag annehmen.

Wegen seines wissenschaftlichen Wertes und seiner großen Aktualität ist dem Buch die weiteste Verbreitung und eine baldige Neuauflage zu wünschen.

Trotz der bescheidenen Mittel, die der Kirche zu Gebote stehen, soll sich die Bautätigkeit der kirchlichen Siedlungswerke in diesem Jahre noch sehr wesentlich erweitern. Die Bilanz des kirchlichen Wohnungsbaues mit 21.500 Wohnungen seit Kriegsende — davon sind 70 Prozent Eigenheime — kann sich auf jeden Fall sehen lassen und kann nur zur Nachahmung empfohlen werden. Auch bei uns in Österreich.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung