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Eisenhowers Ruck nach rechts

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Was nun den republikanischen Wahlwerber General Eisenhower selbst anlangt, so ist er im Laufe des Wahlfeldzuges, sehr zum Mißvergnügen der liberalen Intellektuellen der östlichen Großstädte der Vereinigten Staaten, im selben Maße nach rechts gerückt wie Taft nach links, so daß der Senator erklären konnte, zwischen ihm und dem General bestünden in der Außenpolitik nur mehr Gradunterschiede. Wie in der Formulierung der Programme der Demokratischen und der Republikanischen Partei hat sich auch innerhalb der letzteren der dem Zweiparteiensystem eigentümliche Zug nach der Mitte voll ausgewirkt. In Wirklichkeit hatte die Republikanische Partei ihre geschlossene Stellungnahme in der Außenpolitik durch einhellige Annahme der von John Foster Dulles formulierten Leitsätze vorweggenommen. Dulles gilt für den Fall eines Wahlsieges Eisenhowers weithin als der künftige Staatssekretär. Dulles hatte seine Ansichten vor zwei Jahren in seinem Buch „War or Peace" (Krieg oder Frieden) niedergelegt. Er verrät darin eine aufrichtig idealistische Sympathie für die Vereinten Nationen, deren realistische Kehrseite darin besteht, daß er diese Weltorganisation hauptsächlich nur als Diskussionsforum wertet. Dulles zählt zu den führenden Persönlichkeiten der protestantischen Kirchenbewe-

gung und schätzt auch einen moralischen Erfolg internationaler Organisation hoch. In seiner Abneigung gegen „regionale Organisation", die moderne euphonische Umschreibung des Wortes „Bündnis", begegnet ,er sich mit Taft — ein altes amerikanisches Erbstück: George Washington hatte in seiner Abschiedsbotschaft die Nation vor „dauernden Bündnissen“ gewannt. Wie in seinem Buch, so unterstrich Dulles auch in seinem von der Republikanischen Partei angenommenen außenpolitischen Programm die Wichtigkeit der asiatischen Politik. Man darf die Zugkraft dieses Programmpunktes auf die Wähler, die dabei in erster Linie an den( koreanischen Krieg denken, nicht unterschätzen. Aber das republikanische Programm betont auch die regionalen Sicherheitsverpflichtungen der Vereinigten Staaten in Europa, wobei alle Teilnehmer ihren „gerechten Anteil" beisteuern sollen.

Gouverneur Stevenson hat demgegenüber die Aufgabe, die bisherige Politik der Demokratischen Partei zu verteidigen. Er wird hiebei von Präsident Truman in temperamentvoller Art und hie und da in sachlicher Weise von Staatssekretär Acheson unterstützt. Dean Acheson hat sich, so. sehr er vor allem wegen seiner Personalpolitik al linksgerichteter Internationalist verschrien ist, namentlich in bezug auf die Vereinten Nationen als nüchterner Realist erwiesen. Er hat es verstanden, zuerst den durch den Zwist der Großmächte lahmgelegten Sicherheitsrat zu umgehen und das Hauptgewicht der Organisation in die von Amerika geführte Generalversammlung zu verlegen. Wirklicher kollektiver Sicherheit für Amerika und dessen Freunde dienen nicht mehr die Vereinten Nationen, sondern ein von Acheson zielbewußt aufgebautes, weltweites Bündnissystem. Das ist wohl eines der größten Guthaben, die im außenpolitischen Wahlprogramm der Demokraten ausgewiesen sind. Auch Dulles erklärt in seinem Buch: „Die Vereinten Nationen sind kein Ersatz für die Außenpolitik der Vereinigten Staaten. Und Taft macht das grundsätzlich noch viel klarer mit den Worten: „Das letzte Ziel unserer Außenpolitik ist der Friede und die Sicherheit des Volkes der Vereinigten Staaten." Aber Dean Acheson hält bei allem Realismus an der demokratisch-liberalen Weltmission der Vereinigten Staaten im Sinne Wilsons und Franklin Roosevelts fest. „Wir definieren die amerikanische Idee", so erklärte er zu Silvester 1951, „immer wieder und packen sie in Pakete für den Export“. Die Republikaner sind mit politisch-geistiger sowohl als auch mit materieller Hilfe an die Welt sparsamer. Dafür betonen sie in ihrem Europapro gramm „freundliche Einflußnahme zugunsten einer Beendigung der Rivalitäten unter den europäischen Mächten", die allein diesen „lebenswichtigen Raum" hindern, aus eigenem stark zu sein. Und sie verurteilen dabei „unberufene Einmischungen und imperialistisches Gehaben der amerikanischen Diplomatie. In dieser Stellungnahme zu Intervention oder Nichtintervention liegt vielleicht der tiefere Sinn des Schlagwortes „Isolationismus gegen Internationalismus“. Die Grundzüge außenpolitischer Aktion der Vereinigten Staaten von Amerika aber sind durch den Gang der geschichtlichen Ereignisse festgelegt, ob nun Stevenson oder Eisenhower in das Weiße Haus in Washington einzieht

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