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Sie verurteilen die Intervention, sie bezeichnen die Okkupation der CSSR als eklatanten Völkerrechtsbruch — und sie sagen, daß nur der sofortige Abzug der Truppen die politische Lage in der sozialistischen Republik wiederherstellen könne: Österreichs Kommunistische Partei.

Aber sie erklärten auch ganz offen, daß die Sowjetunion nicht länger eine Führungsrolle im kommunistischen Machtbereich einnehmen könne und daß die Intervention ein Schlag gegen die Kommunisten in aller Welt war.

Und deswegen haben sie sich bereits materiell von Moskau losgesagt, ohne zu wissen, wie es mit Ihnen weitergeht. Österreichs KP spielt mit dem roten Feuer, zündelt an den Nerven der sowjetischen Financiers und wagt den offenen Kampf mit den Stalinisten in den eigenen Reihen.

Auf keine andere politische Partei haben die Augustereignisse von Prag solchen Einfluß ausgeübt wie auf die chronisch schwindsüchtige, bereits zur absoluten Lächerlichkeit verurteilte KPÖ. Seit Prag suchen die Massenmedien, die Kommentatoren und Prognostiker Muhris Mannschaft mit dem Feldstecher. Und ihre Kleinheit überspielt gekonnter Heroismus.

Im österreichischen Fernsehen erklärt Ernst Fischer, was er als Altkommunist von den Sowjets nunmehr halte — und widersprach damit seinem bisherigen Leben.

Viel standhafter verhielt sich KPÖ-Parteivorsitzender Franz Muhri. Der Vorarbeiter aus der Obersteiermark suchte nach Worten, um die Öffentlichkeit von der Ehrlichkeit der Verurteilung der Intervention zu überzeugen — und seine Position in Politbüro und Zentralkomitee zu halten. Denn hinter Muhris Sätzen suchen seine altmarxistischen Genossen nach Pferdefüßen. So mußte auch Muhri nach den letzten „Stadtgesprächen“ des Fernsehens Selbstkritik üben: „Ich habe bezüglich der Stellung des Kommunismus zur Gewalt eine kurze Antwort gegeben, die zu Mißverständnissen Anlaß gibt.“

Geschäftsboykott

Zu Mißverständnissen Anlaß aber gab schon Muhris erste Erklärung nach dem Einmarsch der Russen.

Denn das Zentralkomitee, das am Tag nach der Intervention bereits zusammentraf, fand auch viel internen Tadel gegen Muhri. Zwar soll es kaum Gegensätze in den Wortmeldungen gegeben baten — aber immerhin stimmte ein Viertel der österreichischen ZK-Mitglieder gegen Muhris Verurteilungsprogramm. Denn Muhri, der 1960 noch nicht einmal ZK-Mitglied war, steuerte einen Kurs, der der Abnabelung von Geld und Kontakten entsprach.

Denn der „Globus“-Verlag druckt zahlreiche Druckwerke, deren Auftraggeber in den Warschauer-Pakt- Staaten sitzen, die „Volksstimme“ hat es schon teilweise in diesen Tagen nicht mehr im freien Verkauf der Ostblockmetropolen gegeben und zahlreiche Osthandelsflrmen, deren Gewinne angeblich die KPÖ mitfinanzieren, müssen bei anhaltender Sauerreaktion der Sowjets mit einem Geschäftsboykott rechnen.

Um so glaubwürdiger scheinen daher die Versuche Muhris, durch aktive Information und Kooperation mit den reichen französischen und italienischen Kommunisten ein Auf

fangnetz zu knüpfen, das den Österreichern nicht nur politisches Prestige im westeuropäischen Kommunismus, sondern auch wirtschaftliche Kontakte ermöglicht.

Doch, wie immer im Lager der KP, folgte der Pendelschlag den Ausreißversuchen der Flügelmänner. „Rechtsabweichler“ Fischer wird voraussichtlich vor ein Parteigericht müssen; und die Konservativen in der KP sind auch daran, Muhri und seine (jüngeren) Vertrauensmänner zu umgehen. Die „Volksstimme“ enthält sich neuerdings vehementer Angriffe gegen die Sowjets, die in den ersten Tagen der Okkupation Tagessensation waren.

Sozialdemokratischer Luftballon

Einen starken Dämpfer erhielt Muhri freilich auch aus dem Ausland. Denn der schwedische KP- Chef hatte vor den Wahlen des 15. September das gleiche getan wie Muhri in Wien: er hatte sich mit scharfen Worten von der Führungsrolle Moskaus losgesagt und die Okkupation verurteilt. Und dennoch hat es ihm nichts genützt.

Dieses Beispiel zeige — so sagen die Ultras am HöchStädtplatz —, daß durch Antisowjetismus nichts zu erben sei.

Muhri freilich hofft auf andere Linienziehung in Österreich. Immerhin haben sozialistische Zeitungen und auch SPÖ-Zentralsekretär Gratz Unmut geäußert, daß Rundfunk und Fernsehen die KPÖ wieder hoffähig machten. Was beweise, daß die Nervosität der SPÖ, linke Schichten an eine akzeptabel gewordene, eigenständige KPÖ zu verlieren, dokumentarisch sei.

Sozialistische KPÖ?

Beweis scheint den Modernisten der KPÖ auch zu sein, daß die Diskussion über eine Namensänderung von SPÖ auf „Sozialdemokratische Partei Österreichs“ eine Schwäche der Partei Bruno Kreiskys verrate.

Diese neue, alte Partei hat freilich schon ihre Statuten und Proponenten im April 1967 eingereicht. Und in ihr fehlt der linke Flügel mit Pitter- mann und Czemetz.

So zeigt sich das Loch, in das die KPÖ gerne springen möchte, sollte ihr die SPÖ die Freude einer Namensänderung am kommenden Parteitag machen: man würde sich selbst dann „sozialistisch“ nennen und die Marxisten, die schon seit langem mit Kreisky unzufrieden sind, heim ins rote Reich holen...

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