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Ist nach allem eine Verständigung zwischen Kirche und Staat möglich?

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Nach allem, was wir vorgebracht haben, ist diese Frage nicht schwer zu beantworten. Wenn man von der Kirche fordert, der Verständigung zuliebe oder — wie man bei uns sagt — der freundschaftlichen Zusammenarbeit mit den Staatsbehörden zuliebe auf ihre wesentlichen und lebenswichtigen Rechte zu verzichten, dann ist eine solche Verständigung unmöglich. Niemals in ihrer Geschichte konnte die Kirche auf eine bedingungslose Kapitulation eingehen und wird dies auch hier nicht tun. Von der Kirche zu verlangen, daß sie ihre jetzige Lage als gesetzlich und endgültig anerkennt, kommt der Forderung gleich, die Kirche solle sich selbst verleugnen und ihr eigenes Todesurteil unterzeichnen. Die Kirche in Jugoslawien war stets bereit, zu verhandeln und vernünftige Konzessionen zu machen, unter der Bedingung aber, daß ihr moraljuridischer Status anerkannt wird und daß ihre Rechte gewährleistet werden, die ihr infolge ihrer Natur und ihrer Zielsetzung zustehen. Das heißt: Wenn der Staat aufrichtig korrekte Beziehungen zur Kirche wünscht, dann müssen zuerst die bis zum Himmel schreiende Ungerechtigkeiten beseitigt werden, denen tagtäglich kirchliche Einrichtungen und Personen ausgesetzt sind, dann muß die Verfolgung ein Ende nehmen, die von den ersten Tagen der Existenz der Bundesvolksrepublik bis heute vor sich geht.

Andernfalls wird der Episkopat nur in seiner Ueberzeugung gefestigt werden, daß sich die Regierung der Republik die völlige Ausrottung der Religion zum Ziel gesetzt hat. Diese Ausrottung soll in Etappen vollzogen werden. Einige solche Etappen liegen bereits hinter uns, unseres Erachtens befinden wir uns jetzt in der vorletzten. Der kämpferische Atheismus hat selbst die Tore der Gotteshäuser erreicht und schickt sich, wie wir sehen, an, auch in dieses letzte Asyl der Religionsfreiheit einzudringen.

Die Staatsorgane in der Republik rufen als ein besonders geeignetes Mittel zur Bereinigung der Beziehungen zwischen Kirche und Staat priesterliche Standesvereinc ins Leben. Solche Gesellschaften existieren bereits, meistens ohne Genehmigung der zuständigen Bischöfe, auf dem Gebiet Sloweniens, Tstriens, Bosniens und der Herzegowina. Wir sind überzeugt, daß diese Vereine keine Voraussetzungen zur Erfüllung einer so großen Aufgabe besitzen. In erster Linie, weil ihre Gründung stets von den Organen des Staates ausging, die zu diesem Zweck einen Druck auf die Priester ausüben. Im übrigen sprechen die Arbeitsweise und die an ihre Mitglieder von den Staatsorganen ergehenden Weisungen dafür, daß die Priestervereine in der Absicht ihrer Schutzherren lediglich der Zerschlagung der Kirchendisziplin und der fortschreitenden Zerstörung des religiösen Lebens, nicht aber der Normalisierung der Beziehungen zwischen Kirche und Staat zu dienen haben.

Wenn man vom Episkopat verlangt, solchen Vereinen seine Zustimmung zu erteilen, dann müssen ihre Statuten mit dem kanonischen Recht in Einklang gebracht werden, die Kirchenautorität muß uneingeschränkte Kontrolle über ihre Tätigkeit beibehalten können. Nur unter diesen Bedingungen ist der Episkopat gewillt, die Möglichkeit der Anerkennung der priesterlichen Standesvereine in Erwägung zu ziehen.

Der katholische Episkopat ist stets auf dem prinzipiellen Standpunkt der Loyalität zur bestehenden Staatsordnung gestanden. So ist es auch heute. Wir wollen uns nicht revolutionär betätigen. Wir lieben aufrichtig unser Vaterland, von den Gläubigen und von den Priestern verlangen wir, sich freundschaftlich zu allem zu verhalten, was in der heutigen sozialen und politischen Ordnung positiv und gerecht ist. Es ist selbstverständlich, daß wir mit unseren Gläubigen auf dem Standpunkt der Unantastbarkeit unserer Grenzen stehen und daß wir zu jedem Opfer für das Gedeihen unserer Staatsgemeinschaft bereit sind. Eines kann man allerdings von uns nicht erwarten — die aktive Einmischung in das innenpolitische Geschehen unseres Landes. Die politische Verantwortung überlassen wir jenen, die dazu berufen sind. Wir werden für die ethischen und geistigen Grundlagen un-; seres sozialen und politischen Lebens sorgen. Das ist unser Gebiet und unser Anteil an diesem Gebiet ist durch nichts zu ersetzen.

Wir verlangen keine Privilegien als Gegen-, leistung. Wir werden zufrieden sein, wenn uns das zusteht, was uns nach dem göttlichen und menschlichen Recht gebührt. Dabei denken wir nicht nur an die Kulturfreiheit, sondern an eine ganze Reihe von Freiheiten, die in der Gewissens- und Religionsfreiheit ent-v halten sind. Das sind die Freiheit der Religionsschule, die Freiheit der katholischen Presse, die Freiheit der Kirchenvereine und gleichzeitig die Freiheit der Verfügung über materielle Mittel, die zur Entwicklung des Kircbenlebens notwendig sind. Diese Mittel erwarten wir nicht vom Staat als Geschenk, sie wird uns das Volk besorgen, das an seine Kirche glaubt und. sie. liebt. Will das heutige Regime diese Prinzipien anerkennen', dann glauben wir katholischen •Bischöfe, daß die Spannung zwischen der katholischen Kirche und dem Staat in der Bundesvolksrepublik'bald nachlassen, ja noch mehr, daß die beiderseitigen Beziehungen in eine nützliche Harmonie gebracht werden. Das ist ein Ziel, für das es sich lohnt, einiges zu opfern.

Agfam, den 25. September 1952.

(Es folgen die Unterschriften.)

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