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Vor Ausbruch des Krieges im Nahen Osten zog man vielfach Parallelen zwischen dem Österreich des Jahres 1938 und dem heutigen Israel. Waren es diese — durch den überlegenen Sieg Israels widerlegten — Parallelen, die die spontane Anteilnahme und das echte Interesse der österreichischen Bevölkerung am Schicksal der Israelis motivierten? War es die Tatsache, daß ein beträchtlicher Prozentsatz von ehemaligen Österreichern jetzt in Israel leben? Vietnam legt für den Großteil der Österreicher noch immer „dort hinten in der Türkei, wo die Völker aiufeinanderschlagen“; Israel dagegen scheuchte ganz Österreich aus “seiner gewohnten Ruhe. Eine Woche lang verfolgte man vom Bäckerladen bis zum Friseur die letzten Nachrichten von der Kriegs-front. Es blieb nicht nur beim Interesse — Geld wurde freiwillig gespendet, Blutspender meldeten sich, Freiwillige wollten die israelische Armee verstärken.

Die allgemeine Sympathiewelle für Israel kam in zahlreichen Resolutionen und Protesten zum Ausdruck. Die ÖVP legte sich dabei als Regierungspartei offensichtlich Zurückhaltung auf, vielleicht mehr Zurückhaltung als unbedingt nötig gewesen wäre, bei aller Rücksichtnahme auf Österreichs völkerrechtlichen Status. Erst nach der kritischen Phase des Konflikts zog ihr Generalsekretär das Fazit für Österreich: die Notwendigkeit finanzieller Opfer für die Landesverteidigung und die Möglichkeit der Existenzsicherung auch eines Kleinstaates, der mehr sein könne „als ein Bauer auf dem Schachbrett“. Die SPÖ fand im Fall Israel zu seltener Einmütigkeit vom „rechten“ bis zum „linken“ Flügel. Bei einer Proteatversammlung, bei der sowohl Kireisky als auch Pittermann als Redner auftraten, kam es zu massiven Kundgebungen gegen die arabische Aggression. VSM und VSStö, die von der „Furche“ schon der Inaktivität bezichtigt worden waren warfen in einer Presseerklärung der Sowjetunion sogar offen Mitschuld an der Aggression vor. Österreichs Kommunisten, die vor Kriegsausbruch noch kräftig die sowjetische Werbetrommel „gegen die israelischen Aggressoren“ gerührt hatten, steckten nach Kriegsausbruch um; es reichte zwar nicht zur Verurteilung der Araber, immerhin war aber auch von einer Aggression Israels nicht mehr die Rede. Wer nicht umsteckte, sondern dem gewohnten „Stürmer“stil treu blieb, war die importierte „Deutsche National- und Soldatenzeitung“, die durch ihre Berichte von der Kriegshetze Israels die „Volksstimme“ weit überholte.

Die Resolution der Bundesregierung hielt sich an eine strikte Auffassung der Neutralität und vermied es peinlichst, Worte wie Aggression oder Bedrohung in den Mund zu nehmen. Selbst der russische Botschafter konnte kein Quentchen Sympathie für einen der beteiligten Staaten daraus herauslesen.

Die österreichische Bevölkerung hielt sich an das bekannte Wont Raaba, wonach die Neutralität zwar den Staat, nicht aber den einzelnen Staatsbürger verpflichte, Österreich ließ trotz seiner völkerrechtlichen Verpflichtungen keinen Zweifel darüber, wem in diesem Krieg seine Sympathien gehörten.

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