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Rote Sterne über dem Amazonas

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Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges ist die Kommunistische Partei Brasiliens die größte und einflußreichste kommunistische Gruppe auf dem amerikanischen Kontinent. Eine Untersuchung ihrer Tätigkeit ist nicht nur wegen der Aufschlüsse interessant, die sie über die kommunistische Taktik ermöglicht, sondern auch infolge der großen Bedeutung, die den Vereinigten Staaten von Brasilien wegen ihrer geographischen Schlüsselstellung, ihrer Größe und ihrer wachsenden weltpolitischen Bedeutung zukommt.

Die Nachkriegsstrategie und -taktik dieser Partei lief, wie bei fast allen kommunistischen Parteien, in zwei völlig verschiedenen Phasen ab: unmittelbar nach dem Krieg konnte sich die KPB zum ersten Male seit vielen Jahren wieder legal betätigen. Die Ursache der Aufhebung ihres Verbotes war der mildere Nachkriegskurs des Diktators Getulio Vargas und offenbar auch ein stillschweigendes Uebereinkommen zwischen Vargas und der kommunistischen Führung. Damals sah sich Vargas — Präsident Brasiliens von 1930 bis 1945 — einer starken Opposition unter der Führung einer Militärclique gegenüber, die ihrerseits von den Kommunisten ebenfalls als Feind betrachtet wurde. Aus Dank für die Aufhebung des Parteiverbotes unterstützten ihn die Kommunisten. Vargas wurde zwar im Oktober 1945 durch eine Offiziersjunta gestürzt, aber die KPB durfte ihre Legalität noch weitere 18 Monate genießen.

Während der zwei Jahre, in denen sie sich frei betätigen konnte, suchte die KPB so schnell wie möglich eine Massenanhängerschaft zu gewinnen. In seinem Organisationsbericht auf dem III. Parteitag im Sommer 1946 erklärte Parteisekretär Diogenes Arruda, die -Partei habe zur Zeit des illegalen Parteitages von 1943 nur 800 bis 900 Mitglieder gezählt, nach der Aufhebung des Verbots im April 1945 sei diese Zahl auf 3100, im August auf 25.000 und im Dezember 1945 auf 82.000 Mitglieder gestiegen. Angeblich erreichte sie im Sommer 1946 schon 100.000 und bald darauf 130.000. Nach dem Verbot der Partei im Jahre 1 9 4 7 nahm die Mitgliederzahl dann sofort stark ab. Die Werbekampagne von 1953 bis 1954 erhöhte sie wieder auf mehr als 100.000.

Diese schnelle Zunahme der Mitgliederzahl beruhte in hohem Maße auf der Anziehungskraft, die Luiz Carlos P r e s t e s, der Führer der brasilianischen Kommunisten, besitzt.

Eines der wichtigsten Ziele der Kommunisten war die Infiltration der staatlichen Einheitsgewerkschaft. Im Sommer 1945 schufen die Kommunisten in dem „Movimento Unificador Trabalhista“ (MUT) eine Art Generalstab der Gewerkschaftsbewegung. Sie versuchten jedoch nicht, als Konkurrenz zu den vom Staat geschaffenen Organisationen eigene Gewerkschaften aufzuziehen, sondern bemühten sich nur, die Mitglieder selbst auf ihre Seite zu ziehen.

Die Gründe für diese Taktik lagen auf der Hand. Wollte die KP in der Gewerkschaftsbewegung Fortschritte machen, mußte sie von der Regierung mindestens geduldet werden. Bei Vargas’ Nachfolger, General Enrico Gaspar Dutra, der im Dezember 1945 zum Präsidenten gewählt worden war, waren die Kommunisten weniger erfolgreich. Er erklärte die MUT bald nach seinem Amtsantritt für illegal.

Auch fernerhin trachteten die Kommunisten Brasiliens jedoch, es sich mit der Regierung nicht ganz zu verderben — bis Moskau den Fehdehandschuh des ..Kalten Krieges" in die Arena warf und die Welt in zwei Lager schied. Als sich die Regierung Brasiliens auf die Seite der USA stellte, hörten die Versuche der Kommunisten. mit ihr zusammenzuarheiten. schlagartig auf. Und mit einer Wendung um 180 Grad wurden sie zu unversöhnlichen Gegnern der Regierung Dutra.

Im Mai 1947 ging die Regierune Dutra energisch gegen die Kommunisten vor, strich die

KPB von der Liste der gesetzlichen Parteien und entzog ihr damit die Berechtigung, Wahlkandidaten aufzustellen. Gleichzeitig ließ Präsident Dutra den Brasilianischen Gewerkschaftsverband und die ihm angeschlossenen Gewerkschaften wegen Verbreitung von Unruhe unter den Arbeitern verbieten. Zwei Tage später, am 9. Mai 1947, gab die Polizei die Beendigung einer Razzia bekannt, bei der alle Büros der Kommunisten und 445 Parteiklubs geschlossen worden waren.

Das Parteiorgan „Tribuna Populär“ wurde zwar auch verboten, aber bald darauf durch die „Imprensa Popular" ersetzt, die noch heute erscheint und in jedem Zeitungskiosk von Rio de Janeiro zu kaufen ist. Andere kommunistische Zeitungen erscheinen in den Provinzstädten. Die Verhaftungsbefehle gegen die Kommunistenführer wurden niemals ausgeführt.

Von da an konzentrierte sich die KPB vor allem auf den Kampf gegen die Vereinigten Staaten und die Vorbereitung auf die revolutionäre Machtübernahme in Brasilien. In der Gewerkschaftsbewegung, unter den Bauern, während der Wahlkampagnen und in den gesetzgebenden Körperschaften war jede Maßnahme der Partei und ihrer Frontorganisationen darauf berechnet, den Haß gegen den „Yankee-Imperialismus“ zu schüren. Diese Agitation der Partei wurde unter der Devise des „Kampfes für den Frieden" geführt.

Die Kampagne gegen die Vereinigten Staaten führte 1953 zu einer „Konferenz für nationale Befreiung“, die nach Prestes „viele namhafte Vertreter des öffentlichen Lebens, hohe Offiziere und Generale sowie Patrioten aus den verschiedensten Lagern unterstützten“. Auf dieser Konferenz wurde die „Legion für nationale Befreiung" gegründet, in der sich „die Kommunisten zwar aktiv betätigen, die aber mit der KPB nicht in unmittelbarem Zusammenhang steht“ („Imprensa Populär“).

Innerhalb der Gewerkschaftsbewegung blieben die Kommunisten weiterhin aktiv und einflußreich, obwohl sie seit ihrem Verbot viel an Rückhalt bei den Arbeitern verloren hatten. In ihrer Gewerkschaftsarbeit betätigten sie sich vor allem als Scharfmacher. Sie organisierten Streiks, wo immer es möglich war, beispielsweise denjenigen der Seeleute im Jahre 195 3.

Vargas gegenüber, der als Kandidat der „Arbeiterpartei“ 1950 wieder zum Präsidenten gewählt wurde, schlugen die Kommunisten einen Zickzackkurs ein. Bei den Wahlen von 1950 stellten sie keinen eigenen Kandidaten auf, weil Vargas damals auf die Vereinigten Staaten schlecht zu sprechen war. Bei ihren dauernden Angriffen gegen die Regierung Dutra bedeutete das praktisch, daß sie ihren Anhängern empfahlen, für Vargas zu stimmen.

Als aber Vargas nach seiner Wahl erklärte, daß er kein Feind der Vereinigten Staaten und bereit sei, an der 4. Konferenz der Außenminister der einundzwanzig amerikanischen Republiken teilzunehmen, griffen ihn die Kommunisten heftig an. Als sich die Wirtschaftskrise verschärfte, suchten sich die Kommunisten den Anhängern von Vargas wieder zu nähern, fuhren aber fort, ihn selbst weiter zu bekämpfen. Die Arbeiterpartei Vargas aber hatte die Stimmen der kommunistischen Wähler dringend nötig und das führte häufig zu Kompromissen.

Vargas verübte im August 1954 Selbstmord. Die Kommunisten beschlossen daraufhin, alle Kontroversen zu vergessen und um die Führung der Anhänger von Vargas zu werben, um sie amerikafeindlich zu beeinflussen. Sie hatten damit nicht viel Glück. Der Sozialdemokrat Juscelino Kubitschek, der am 30. Oktober mit Unterstützung der Arbeiterpartei Getulio Vargas’ zum neuen Präsidenten Brasiliens gewählt wurde, betonte am 7. Jänner 1956 in einer Rede vor dem amerikanischen Kongreß die gemeinsamen Ideale und Bestrebungen Brasiliens und der USA.

Daß die brasilianischen Kommunisten seit 1949 ernstlich daran dachten, im günstigen Augenblick gegen die Regierung mit Waffengewalt vorzugehen, beweisen die Erklärungen ihrer Führer. Schon im April 1951 schrieb Arruda:

„Es unterliegt keinem Zweifel, daß die wirksamste Kampfweise gegenwärtig der Kampf der breiten Volksmassen ist: Proteste, Kundgebungen, wirtschaftliche und politische Streiks, die zumal auf dem flachen Land schnell in bewaffnete Aktionen zur Erzwingung bestimmter Ziele überzugehen pflegen.“

NEW AG legt den Jahresabschluß 1955 vor

Am 3. Juni 1. J. genehmigte die 27. ordentliche Hauptversammlung der NEWAG den Jahresabschluß 195 5.

Im Bericht sind folgende wesentliche Punkte beachtenswert, und zwar:

Der Stromaufwand des Unternehmens steigerte sich vom Gründungsjahr 1922 von 20,000.000 kWh auf 700,000.000 kWh im Jahre 1956. Dies bedeutet eine Konsumsteigerung in den 3 5 Jahren des Bestandes des Unternehmens um das 3 5 fache. Die Kopfquote, die im Jahre 1948 428 kWh betrug, ist im Jahre 1956 auf 800 kWh angestiegen.

Die Investitionstätigkeit in den Jahren 1950 bis 1955 erreichte die Ziffer von 1006,3 Millionen Schilling (hiervon in 1955 366 Millionen Schilling) und wurden 371,4 Millionen Schilling = 37 Prozent aus Eigenmitteln und 634,9 Millionen Schilling = 63 Prozent durch Fremdmittel aufgebracht.

Die NEWAG betreut gegenüber den anderen Landesgesellschaften das territorial größte Gebiet, und zwar Niederösterreich und Burgenland-Nord.

Die NEWAG muß aus eigenen Mitteln ein Leitungsnetz von nahezu 21.500 km mit 705.000 Stützpunkten instand halten, hiervon rund 420.000 Holzmaste, bei welchen man eine 20jährige Lebensdauer voraussetzt. Jährlich müssen demnach über 21.000 Holzmaste erneuert werden, und entspricht diese Ziffer einem Wald mittlerer Güte von 25 ha.

Die Investitionen 1956 bis 1958 werden schätzungsweise rund 500 Millionen Schilling betragen.

Der Stand der Tarifanlagen im Jahre 195 5 erreichte die Zahl von 413.938. Die Vergleichsziffer vom Jahre 1948 beträgt 261.806.

Die EMA-Aktion, die im Jahre 1954 begründet wurde, erreichte mit Ende 1956 den Stand von 36.002 vermieteten Elektrogeräten und sind in demselben Zeitraum weitere 39.570 Geräte aus anderen Aktionen und Privatanschaffungen im NEWAG-Netz „ in Verwendung genommen worden.

Die Kampkraftwerke, die ab 6. Juli 1957 in Vollbetrieb stehen, bedeuten einen wichtigen Produktionsfaktor in der Energieversorgung Niederösterreichs.

Die Rückzahlungen der Anleihen und Bankkredite der NEWAG werden aus den Einsparungen beim Fremdstrombezug, der sich durch die Produktion am Kamp um rund 40 Millionen Schilling jährlich senken wird, in den nächsten 20 Jahren vorgenommen werden.

Die Gestion der NEWAG ist eine, überaus günstige, was schon aus der Tatsache abgeleitet werden kann, daß das Unternehmen trotz 10 Jahre Besatzung gleich der TIWAG die höchste Entschädigung für seine Aktien, und zwar das 6% fache auf den Nominalbetrag, leistet.

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