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Roter Stern und Davidstern

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Zirka 50 bis 60 Prozent der kommunistischen Wähler Israels stammen von den arabischen Minderheitsgebieten, in denen ungefähr zehn Prozent der israelisohen Bevölkerung lebt. Die einzige arabische Stadt in Israel, in der ausschließlich Angehörige der arabischen Minorität wohnen, hat als bedeutendste Wahlliste die KP. Der einzige kommunistische Bürgermeister Israels befindet sich in dem Minoritätendorf Kufr Yassif in Galiläa. Im allgemeinen war man bisher der Ansicht, daß die kommunistische Liste innerhalb der arabischen Minorität in Israel die stärkste ist, weil die meisten Wähler mit dieser Wahl ihren Protest gegen den Staat Israel zum Ausdruck bringen wollen.

Die einzige ernste und dauernde Opposition innerhalb des israelischen Parlaments war die klein;, unbedeutende kommunistische Partei, die mit Hilfe der arabischen Stimmen nicht mehr als fünf Prozent der Wählerschaft in sich vereinigen konnte. •

Die kommunistische Partei kämpft seit der Staatsgründung gegen die israelische Militärverwaltung innerhalb der arabischen Gebiete. Sie war die einzige Partei, die sich offiziell sofort bei Beginn gegen den Sinaifeldzug stellte. Bei vielen Gelegenheiten war sie die einzige Partei, die sich öffentlich gegen israelische militärische Vergeltungsmaßnahmen an den arabischen Nachbarstaaten wandte, und Israels KP war immer gegen jede Unterdrückung oder vermeintliche Unterdrückung der Minoritäten. Es war daher klar, daß gerade in den Augen der israelischen Araber die israelische KP die arabischeste aller Parteien war. Die kommunistische Partei Israels forderte bis vor einem Jahr das „Selbstbestimmungsrecht der palästinensischen Araber“, was bedeuten würde, daß in den ehemaligen arabischen Gebieten Palästinas ein arabisch-palästinensischer Staat gebildet werden sollte. In der kommunistischen' Resolution sprach man zwar nicht von israelischen territorialen Verzichten, doch laut dem kommunistischen Plan sollen die arabischen Minoritätsgebiete In dem neu zu gründenden arabischpalästinensischen Staat einverleibt werden.

Die israelische KP richtete sich im allgemeinen immer nach dem Moskau-Kurs. Moskau vertritt bis heute die Ansicht, daß das jüdische Problem innerhalb der Sowjetunion durch Assimilation gelöst werden muß. Die israelische KP stand aus diesem Grund der zionistischen Idee feindselig gegenüber. Die Politik Moskaus innerhalb des Mittleren Ostens war im allgemeinen fast immer antiisraelisch und gab den arabischen Staaten bei den meisten Disputen und Konflikten mit Israel recht, ohne sich überhaupt Mühe zu geben, die wahren Tatsachen zu untersuchen. Der Stand der israelischen KP innerhalb der jüdischen Bevölkerung war dadurch immer sehr schwer, weil die jüdische Öffentlichkeit in den Verfechtern des Moskau-Standpunktes im besten Fall politische Narren oder aber Verräter an der jüdischen Sache sah.

Die Situation änderte sich nach dem Riß zwischen Moskau und Peking. Beide kommunistischen Zentren suchten Verbündete für ihre Sache. Die linientreue israelische KP lehnte den chinesischen Flirt schroff ab und versteifte sich erneut auf Moskau. Aber nun stellte es sich heraus, daß die monolithische kommunistische Weltorganisation, die von Moskau gesteuert wird, viele Risse in ihrer Ideologie aufzuweisen hat. Die Moskau-Doktrin war nicht mehr heilig und unantastbar wie zu Zeiten Stalins; die orthodoxen israelischen Kommunisten begannen sich plötzlich auch mit den eigenen nationalen Problemen zu beschäftigen.

Die jüdischen israelisohen Kommunisten legannen in ihrer Zeitung „Volksstimme“ sich mehr und mehr mit jüdischen Problemen zu beschäftigen. Der einzige Auslandskorrespondent dieser Zeitung, der sich in Moskau als Gast der „Prawda“ befindet, berichtete von dort hauptsächlich von dem jüdischen Leben der Sowjetunion. Jedes Auftreten einer jüdischen Amateurtruppe in der Sowjetunion wurde zu einer Sensationsnachricht für ihn. Die allgemeinen kommunistischen Errungenschaften wurden nur nebenbei erwähnt. Als Rußland das israelisches Jordanbewässerungsprojekt auf das heftigste angriff und verurteilte, schloß sich die israelische KP dem russischen Diktat nicht an. Im Gegenteil, es wurden die israelischen Anrechte auf das Jordanwasser betont; man sprach sich nur gegen das Vertei-lungsschema aus, weil dies von einem amerikanischen Kapitalisten namens Johnson ausgearbeitet worden war.

Die Gegensätze zwisohen den jüdischen und arabischen Kommunisten wurden immer schroffer. Ähnlich wie die kommunstisohen Führer der arabischen Nachbarstaaten sehen auch sie die Lösung des arabischisraelischen Konfliktes nur auf dem Friedensweg. Doch in ihren Augen ist die israelische Regierung ein Abgesandter des Imperialismus. Dieser Standpunkt wird von den chinesischen Gremien besonders unterstützt, und Tschu En-lai sagte erst in seiner letzten Rede, daß Israel ein imperialistisches Krebsgeschwür ist.

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