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Kommunistischer Zwiespalt

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Fünf Tage lang hatte Moskau zugesehen, wie der israelische Schlag seine tatendurstig aufmarschierten arabischen Schützlinge traf, bis es sich mit seinen Verbündeten wenigstens zu einer Demonstration starker Worte aufraffte. Mehr als dies und der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel wird kaum von der Moskauer Erklärung übrigbleiben, die als Ergebnis einer späten Gipfelkonferenz osteuropäischer Staatsführer versprochen hat, „alles Erforderliche zu tun, um den Völkern der arabischen Länder zu helfen, dem Aggressor eine entscheidende Abfuhr zu erteilen...“

Fünf Tage lang mußte sich die Sowjetunion von den Chinesen als „Verräter der Araber“ beschimpfen lassen, weil sie im Sicherheitsrat der Feuereinstellungsresolution ohne Rückzugsbefehl an die Israelis zugestimmt hatte — und dies noch mit solcher Verzögerung, daß Israel seinen Anfangserfolg ausweiten konnte. „Einen Dolchstoß in den Rücken der Araber“, nannten das die Pekinger „Volkszeitung“ und ihr europäischer Ableger in Tirana noch am 9. Juni, dem Tag der Moskauer Gipfelkonferenz. Auch dieses Treffen konnte jedoch die ideologische Peinlichkeit nicht mehr aufheben: In falscher Einschätzung der arabischen Staaten, ihres Vernichtungswillens gegen Israel und ihrer militärischen Stärke, hatte sich die Sowjetunion auf ein Risiko eingelassen, dessen Folgen eine Großmacht heute nur noch tragen kann, wenn sie ihre Verantwortung für den Weltfrieden — oder ihr Prestige aufs Spiel setzt Vor diese Alternative manövriert, entschied sich Moskau, den Prestigeverlust als kleineres Übel hinzunehmen.

Die schwankende, uneinheitliche Stimmung in den kommunistischen Parteien des Ostens und des Westens hat Moskau gewiß in diesem Entschluß noch bestärkt. Symptomatisch ist, daß sich unter der Moskauer Erklärung eine Unterschrift findet, die seit vielen Jahren unter gemeinsamen Deklarationen der Kommunisten fehlte: die Titos; daß aber eine andere Unterschrift verweigert wurde: die rumänische. Tito, der seit langem mit Nasser in — fast sentimentaler — Freundschaft verbunden ist, demonstrierte mit der Reise naen Moskau seine Treue zum ägyptischen Staatschef, benutzte aber zugleich die billige Gelegenheit, der osteuropäischen Kritik am jugoslawischen Reformmodell, die sich in letzter Zeit mehrte, das Wasser abzugraben: Wenn Titos Name unter einem gemeinsamen Papier der sozialistischen Länder siteht (das Jugoslawiens eigene Belange nicht berührt), wer darf dann argwöhnen, daß in Belgrad Ketzer sitzen? Aus Moskau zurück, beeilte sich Tito dann auch nicht wie die anderen, die Beziehungen zu Israel sogleich abzubrechen. Die Belgrader „Eko-nomska Politika“ schrieb am 10. Juni: „Verständlich sind die Sympathien, die der humane und fortschrittliche Mensch heute für Israel hegt, das auch als Staat der Erbe alles unermeßlichen Tragischen ist, was das jüdische Volk durch die Geschichte erlebte.“ Schlimm sei allerdings nur, daß Israel „objektiv“ zu einem Instrument der Imperialisten geworden

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