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Die Verhältnisse sind nicht so...

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Verändern müsse man die Welt, statt sie nur zu interpretieren, sagte zwar der alte Karl Marx. Aber was ist, wenn man die Welt falsch auslegt — läßt sie sich dann noch richtig verändern? Wenn sich herausstellt, daß die Verhältnisse viel verwickelter sind als die Gehirnwindungen der Ideologen? Und wenn man dann plötzlich zwei Herren dienen muß einer Ideologie, die es gebietet. Revolutionen und nationale Befreiungskriege zu unterstützen, und zugleich einer Staatsräson, die verlangt, daß man jeder gewaltsamer Änderung des Status quo zu widerstreben hat — also einer Expansior Israels zum Beispiel genauso wie einer Existenzbedrohung Israels? — In einem kritischen Brief an die italienische kommunistische Wochenzeitung „Rinascita“ stellte der israelische Kommunist Minerbo di< Frage, ob es nicht eine Simplifizierung der Dinge sei, wenn man der

Nahostkonflikt als einen Kampf zwischen Imperialismus und Antiimpe-rialismus betrachte. Und er erinnerte daran, daß noch beim letzten SED-Kongreß in Ost-Berlin der Vertreter der irakischen KP den Bagdader Staatschef Aref einen Despoten und seine Politik als ein faschistisches, blutiges System bezeichnet hatte. „Dient der Irak vielleicht nicht den imperialistischen ölgesellschaften?“ fragte der israelische Kommunist. „Ist König Hussein von Jordanien vielleicht kein Diener der amerikanisch-britischen Interessen? Ist antiimperialistisch, wer — wie Radio Kairo und Damaskus — bei jeder Gelegenheit erklärt, die Juden müßten ins Meer geworfen werden? Oder ist Achmed Schukairi ein Antiimpe-rialist, jener Schukairi, der den Israelis in der britischen KP-Zeitung „Morning Post“ prophezeite: „Keiner wird am Leben bleiben!“

An solchen Fragen haben sich übrigens die israelischen Kommunisten seit langem gerieben und schließlich so aufgerieben, daß heute ihre Partei in zwei Teile gespalten ist. Aber es ist typisch, daß beide Gruppen den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Osteuropa und Israel bedauert haben — nicht zuletzt deshalb, weil sie eine fatale Unlogik darin sehen, daß Moskau nicht daran denkt, etwa die Beziehungen zu den USA abzubrechen, obwohl amerikanische

Bomber unentwegt ein Bruderland die Volksrepublik Nordvietnarr bombardieren? Also zweierlei Maß Diese Frage dürften auch die israe lischen Kommunisten gestellt haben, die in den letzten zw&#171; Wochen in Osteuropa umherreistei und auch lange in Moskau vor sprachen. Einer von ihnen, der Knes seth-Abgeordnete Toubi, hat auf de Rückreise von Moskau in Wien ein beachtliche Erklärung abgegeber Toubi sagte der kommunistische Wiener „Volksstimme“, eine fried liehe Regelung im Nahen Oste: müsse die Rechte der Araber respek tieren, sie müsse aber auch zur An erkennung Israels und seine Schiffahrtsrechte durch die ara bischen Staaten führen. Die israe lischen Kommunisten, sagte Toub der selbst zum prosowjetische Flügel der Partei gehört, verurteilte chauvinistische Erklärungen gewis ser arabischer Kreise, sie verurteile auch alle Aufrufe zu Gewaltlösungei.

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