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SCHLUSSAPPELL

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Inständig bitten Wir als erste Unsere Söhne. In den Entwicklungsländern, aber genauso in den andern, müssen die Laien ihre eigentliche Aufgabe in Angriff nehmen: die Erneuerung der irdischen Ordnung. Wenn es die Aufgabe der Hierarchie ist, authentisch die sittlichen Grundsätze auf diesem Gebiet zu lehren und zu interpretieren, dann ist es ihre Obliegenheit, in freier Initiative und ahne erst Weisungen und Direktiven abzuwarten, das Denken und die Sitten, die Gesetze und die Lebensordnungen ihrer Gemeinschaft mit christlichem Geist zu durchdringen68. Wandlungen sind notwendig, tiefgreifende Reformen unumgänglich. Mit aller Entschiedenheit müssen die Katholiken darangehen, sie mit dem Geist des Evangeliums zu beleben. Unsere katholischen Söhne in den wohlhabenden Ländern bitten Wir, ihr Können und ihre Energie den offiziellen und privaten, den öffentlichen und den kirchlichen Organisationen für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen. Es wird ihnen sicher ein Herzensanliegen sein, in der vordersten Linie derer zu stehen, die sich um die Errichtung einer internationalen Ordnung der Gerechtigkeit und der Rechtlichkeit mühen.

Wir sind sicher, daß alle Christen, unsere Brüder, ihre gemeinsame Anstrengung verdoppeln, um der Welt zu helfen, über den Egoismus, den Stolz, die Rivalitäten zu triumphieren, Ehrsucht und Ungerechtigkeit zu überwinden, um allen den Weg zu einem menschlicheren Leben zu öffnen, wo jeder geliebt und jedem geholfen wird als seinem Nächsten, seinem Bruder. Noch sind Wir bewegt von der unvergeßlichen Begegnung mit unseren nicht-christlichen Brüdern in Bombay, und wieder laden wir sie ein, mit ihrem Herzen und ihrer Intelligenz mitzuarbeiten, damit alle Menschenkinder ein der Kinder Gottes würdiges Leben führen können.

Schließlich wenden Wir Uns an alle Menschen guten Willens, die sich dessen bewußt sind, daß der Weg zum Frieden über die Entwicklung führt. Delegierte an den internationalen Organisationen, Staatsmänner, Publizisten, Erzieher, alle, jeder an seinem Platz, ihr seid die Baumeister einer neuen Welt! Wir bitten den allmächtigen Gott, euren Verstand zu erleuchten, euren Mut zu stärken, um die öffentliche Meinung zu alarmieren und die Völker mitzureißen. Erzieher, an euch ist's, schon in den Kindern die Liebe zu den Völkern im Elend zu wecken! Publizisten, ihr müßt unsere Augen öffnen für das, was schon getan ist, um die gegenseitige Hilfe unter den Völkern anzuregen, zu öffnen für die Tragödie des Elends, das die Menschen nur zu leicht vergessen, um ihr Gewissen zu beruhigen! Die Reichen sollen wenigstens wissen, daß die Armen vor ihrer Tür stehen und auf die Brosamen von ihren Tischen warten.

Staatsmänner, ihr habt die Pflicht, eure Völker zu einer wirksameren weltweiten Solidarität zu mobilisieren, sie zunächst zu notwendigen Abstrichen an Luxus und Vergeudung zu veranlassen, um die Entwicklung zu fördern und um den Frieden zu retten! Delegierte der internationalen Organisationen, von euch hängt es ab, ob die gefährlichen und unfruchtbaren Blockbildungen einer freundschaftlichen, friedlichen, selbstlosen Zusammenarbeit zu einer solidarischen Entwicklung der Menschheit Platz machen, wo alle Menschen sich entfalten können!

Wenn es wahr ist, daß die Welt krank ist, weil ihr Gedanken fehlen, dann rufen Wir alle Menschen auf, die sich Gedanken machen, die Weisen, Katholiken, Christen, jene, die Gott verehren, nach dem Absoluten dürsten, nach der Gerechtigkeit und der Wahrheit: alle Menschen guten Wil-

lens. Nach Christi Beispiel wagen Wir euch eindringlich zu bitten: „Suchet, und ihr werdet finden88“, öffnet die Wege zu gegenseitiger Hilfe, zu vertieftem Wissen, zu einem weiten Herzen, zu einem brüderlichen Leben in der einen wahrhaft universalen Gemeinschaft der Menschen!

Ihr alle, die ihr den Ruf der notleidenden Völker gehört habt, ihr alle, die ihr euch müht, darauf zu antworten, ihr seid die Apostel einer guten und gesunden Entwicklung. Diese besteht nicht im egoistischen und um seiner selbst Willen geliebten Reichtum, sondern in einer Wirtschaft im Dienst des Menschen, im täglichen Brot für alle, der Quelle der Brüderlichkeit und dem Zeichen der Sorge Gottes.

Von ganzem Herzen segnen Wir euch, und Wir rufen alle Menschen guten Willens auf, sich euch brüderlich anzuschließen. Denn wenn Entwicklung der neue Name für Friede ist, wer wollte nicht mit ganzer Kraft daran mitarbeiten? Ja, alle. Wir laden alle ein, auf Unsern Ruf der Sorge zu antworten, im Namen des Herrn. Gegeben im Vatikan, am Osterfest 26. März 1967.

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