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Digital In Arbeit

Schwammerlsuppe & Heidensterz

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dieFurche: Seit wann sind Sie in BrüsseP

Claudia SuppaN: Ich bin seit Oktober des Vorjahres dort. Ich war die erste, die hingekommen ist und hab' erst einmal unser Haus instand gesetzt. Das ist ein altes Maison de maitre, ein kleines, altes Haus, mit einer ganz schmalen Stiege, einem alten Holzboden und Stuckdecke, es ist wunderschön, ein Haus mit Charme, da sind wir sehr stolz darauf. Es liegt an der Place des Gueux, fünf Minuten von der österreichischen Vertretung entfernt. Also ich bin im Oktober raus -es gab kein Telefon, Möbel waren nicht da, ich stand da ohne Sekretärin und ohne Budget. Ich leistete da ein bisserl Pioniertätigkeit. Aber es macht Spaß, wenn man selber arbeiten kann und sieht, daß etwas weitergeht.

diefurche: Sie sind also in Brüssel ins Wasser gesprungen und haben schwimmen gelernt? suppan: (lacht) Ja.- Wir haben dann am 25. April eröffnet und damit ein sehr, sehr gutes Echo gehabt. Kommissionspräsident Jacques Santer war da, unser Kommissär Franz Fischler, wir sind stolz darauf. Ich werde sogar von wildfremden Menschen auf unser Eröffnungsfest angesprochen: Ah, die Steirer, ihr habt doch so eine tolle

Claudia Suppan ist

die stellvertretende Leiterin des Steiermark-Büros in Brüssel. Sie hat das Grüne Herz Österreichs dem EU-Herzen näher gebracht.

Eröffnung gehabt. Wir haben steiri-sches Essen nach Brüssel gekarrt, Schwammerlsuppe und Heidensterz, das ist super angekommen. Das kennen die Leute in Brüssel nicht. Italienisch kann man überall essen, aber steirisch kriegt man nicht überall -Kernöl und solche Sachen, auch den Schilcher. Also der Schilcher ist gegangen! Ich habe eher erwartet, daß die Leute beim Schilcher zurückhaltend sein werden, weil er gewöhnungsbedürftig ist, aber der ist weggegangen!

diefurche: Wie schaut Ihr Tagesablauf im Steiermark-Büro in Brüssel aus?

Suppan : Es gibt keinen generellen Tagesablauf, man muß selbst initiativ sein. Jeden Tag ist etwas anderes zu tun. Wir sind zwei Beferenten, dann haben wir noch den Bepräsentanten Bader, der pendelt, der ist nicht dauerhaft in Brüssel und hat eher Beprä-sentationsaufgaben und Gespräche auf höherer Ebene. Wir sind zwei Beferenten und zwei Sekretärinnen, die den ganzen Laden schupfen. Das heißt: von der Landwirtschaft über Umweltschutz, Wissenschaft, Bildung, Soziales, Pressearbeit, alles Sachen, die in mein Bessort fallen. Das gleiche gilt für meinen Kollegen, wir

sind also ziemlich eingeschüttet mit Arbeit.

diefurche: Und wie geht das konkret vor sich?

suppan: Wir kriegen Anfragen aus Östterreich. Natürlich wird da zwar sehr viel vom Europareferat der Landesregierung in Graz - wir sind quasi eine Dependence davon - bearbeitet, aber es gibt auch Dinge, die noch unbekannt sind. Dann kommt man zu uns und wir buddeln uns in die Aufgabe hinein, versuchen, die richtigen Beamten aufzutreiben. Kontakte sind in Brüsssel alles, das ist eigentlich unsere Hauptaufgabe. Wir sind jeden Abend auf irgendwelchen Empfängen und halten Glas und Beden. Durch die Kontakte, die wir knüpfen, zu anderen Ländern oder zur Kommission oder zum Parlament, kriegt man natürlich Informationen, die noch nicht publiziert sind, die versucht man dann weiterzugeben, versucht sich einzuarbeiten, mehr zu erfahren, Finfluß zu nehmen.

Auf der anderen Seite versuchen wir natürlich auch steirische Projekte zu begleiten - erst kürzlich die sakralen Bauten, wo die Steiermark etwas eingereicht hat. Da geht man dann mit dem von Österreich erstellten Antrag hin, spricht das mit einem Kommissionsbeamten durch, der sagt dann, da habt ihr einen Fehler im Finanzplan, da fehlt was, schreibt das anders - das sind Dinge, die kann man nur vor Ort machen. '

die Furche: Worum geht's bei dem Projekt Sakralbauten? suppan: Die Kommission hat jedes Jahr ein ganz bestimmtes Ziel zur Erhaltung alter Bauten. Das waren einmal Schauspielhäuser, heuer sind es Sakralbauten. Da will man mit Hilfe der Kommission vom Verfall bedrohte oder renovierungsbedürftige sakrale Bauten wiederherstellen. Das wichtige dabei ist, daß man Förderung nur kriegt, wenn es sich um ein wirklich europäisch bedeutsames Projekt handelt. Mariazell ist ein wichtiger Wallfahrtsort, da ist die Bedeutung sicher gegegben. Nur gibt's in Europa sehr viele wichtige Sakralbauten. Da muß man dann halt Argumente bringen. Im Dokumentieren sind die Österreicher eh sehr gut. Da haben wir vom Aufbau her ganz tolle Anträge rein-gebracht - mit Fotos, Prospekten und Wallfahrstgeschichten. Das ganze kommt dann in ein FA'aluierungsver-fahren. Bis dahin können wir Einfluß nehmen. Dann gibt es ein sehr objektives, mehrstufiges Verfahren, bei dem Experten aus allen Ländern beraten und letztlich eine Beihung vornehmen.

Was wir auch tun können, ist, auf Förderungsprogramme aufmerksam zu machen. Leute informieren, da gibt es etwas, das könnte zu euch passen, da seid ihr sehr gut, kümmert euch darum. Auf diese Weise kann man schon etwas weiterbringen.

diefurche: Haben die Österreicher schon begriffen, daß wir jetzt in der EU sind?

suppan: Ich glaube schon. In Brüssel werde ich immer auf unser sensationelles EU-Abstimmungsergebnis angesprochen, das extremen FLindruck hinterlassen hat: Ihr Österreicher, ihr seid ja die tollen Europäer. Es ist gewöhnungsbedürftig, aber wir werden es schon packen.

dieFurche: Wie steht es um das Inter-11 esse Ihrer Tätigkeit aus Osterreich? Suppan: Es kommen viele Besuchergruppen, kunterbunt, Schüler, Jugendliche, Bäuerinnen, Leute von der Handelskammer, Landwirtschaftskammer, Politiker, Beamte, die Interesse an Brüssel, an den Institutionen haben.

dieFurche: ^Können Sie sich noch an die Begegnung mit den Bäuerinnen erinnern?

suppan: Das war eine sehr interessante Gruppe. Bäuerinnen sind aufgrund ihres backgrounds sehr kritisch. Sie haben am eigenen Leib erfahren, wie das ist mit den EU-Vor- und Nachteilen. Aber sie waren sehr offen und bereit, auch eine andere Meinung zu akzeptieren.

Und es gibt ja noch viele Irrmeinungen, die da herumgeistern aus den seinerzeitigen teilweise nicht ganz objektiven Presseberichten. Da sind Ängste geweckt worden. Immer wieder werde ich auf die Blutschokolade angesprochen und auf diese Sachen mit der Gurkenkrümmung. Und dann sind alle überrascht, wenn man sagt, daß die Länder selbst die Gurkenkrümmung haben wollten, um eine bestimmte Gurkenmenge in die Eurokiste zu bekommen. Das heißt nicht, daß andere Gurken weggeschmissen und nicht verkauft werden dürfen, das ist großer Unsinn. Aber es gibt ein Erwachen, wenn man's den Leuten erklärt.

dieFurche: Wie fühlt man sich speziell als Frau in so einem Job? suppan: Gut. Gut. Die Kommission ist sehr interessiert daran, einen hohen Frauenanteil zu haben. Stimmungsmäßig tut man sich als Frau nicht schwer in Brüssel, weil mit einer Frau essen gehen, tut jeder Beamte gern. Da hat man's als Frau nicht schlecht.

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