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,,Ich bin kein Töter“, sagt Bastien-Thiry

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Der vor Gericht souverän auftretende Angeklagte Bastien-Thiry machte in seiner Uniform des höheren Luftwaffeoffiziers und durch seine vollendete Rhetorik einen günstigen Eindruck. Man glaubt ihm ohne weiteres die idealistischen Beweggründe eines überzeugten Gesinnungstäters. Er distanziert sich eindeutig von der OAS, die nach seiner Meinung bereits in Algerien gestorben sei, und beruft sich auf das von Bidault und Soustelle geführte Komitee des nationalen Widerstandes. Algerien, in dem er seit 1954 nicht mehr gedient hatte, ist für ihn ein sekundärer Faktor. Dies erklärt auch den Umstand, daß er den Anschlag gegen de Gaulle im Juli und

August vorbereitete, zu einem Zeitpunkt also, als die Sache der „Algerie Francaise“ bereits unwiederbringlich „verloren“ war. Was sich in Nordafrika abgespielt hat, ist für den jungen Oberstleutnant Jean-Marie Bastien-Thiry nur ein Glied in der Kette Gaullistischen Unrechts, eine der vielen Ausdrucksformen der Illegalität einer Tyrannei, gegen die jeder Aufstand gerechtfertigt ist. Sein Vorbild ist der Oberst von Staufenberg, der einst gegen Hitler rebellierte, wenn er auch für sich neuerdings die ursprüngliche Absicht in Anspruch nimmt, de Gaulle zu entführen und vor ein Gericht von Widerstandskämpfern zu stellen; bei Mißlingen dieses Versuchs war freilich die Tötungsmöglichkeit einkalkuliert.

Im Vernehmungsprotokoll der Polizei vom 7. September ist allerdings von einem Entführungsplan nicht die Rede. Wir finden darin die folgenden Sätze:

„Es werden nach uns andere kommen, denen das gelingen wird, was uns diesmal nicht gelang. Im Grunde, Herr Kommissar, bin ich nicht unzufrieden. Denn militärisch gesprochen, war die Operation ein Erfolg. Unsere vorherigen Berechnungen erwiesen sich als richtig. Auf operationellem Gebiet hat jeder der Beteiligten glänzend reagiert und die ihm gegebenen Weisungen exakt durchgeführt... Vor dem

Attentat haben wir die AleimiMg Mehrerer einwandfreier Franzosen eingeholt und waren davon überzeugt, daß die Aktion im Interesse der Nation gestanden ist.. .“ Und später heißt es im Protokoll: „Um die Gefahr für Passanten zu vermindern, haben wir auf den Wurf einer Bombe — was viel gefährlicher wäre — verzichtet und weittragenden Handfeuerwaffen, die Meisterschützen anvertraut wurden, den Vorzug gegeben. Die Schützen sollten die linke Seite des Wagens anvisieren, wo sich der Fahrer und der Präsident befinden. Freilich waren die anderen Insassen des Wagens, vor allem Madame de Gaulle, ernsthaft gefährdet. Aber sie mußte sich dessen bewußt sein, daß sie ihren Mann geheiratet hatte, um mit ihm Gutes und Böses zu teilen .. .Ich bin kein Toter-, mir liegt nur daran, dem nationalen Interesse zu dienen“ ...

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