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Die Attentäter unterwandert

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Zum erstenmal betediMgen sich die Behörden eines arabischen Landes ah elnei:’ vorbeugenden „boniertier-tm Ąktton" gegen dde palästinensischen tiuftpliraten. Sfacibdem nüe Bonner Bundesregierung, nach Hinweisen befreundeter ausländischer Nach-

richtendienste, die Luftpostbeförderung im innerdeutschen und grenzüberschreitenden Verkehr zeitweilig unterbrochen hatte umd inzwischen geheimgehaltene andere Schutzmaßnahmen ergriff, traf diie libanesische Regierung am Wochenanlang ebenfalls Vorkehrungen zum Schutz des Ziviüuftverkehns von und nach der Bundesrepublik und zur Verhinde-mng von Entführungsplänen gegen Maschinen der deutschen „Lufthansa" auf dem Beiruter Zdvilflug-hafen Chalde.

Seit Tagen sichern istarke Sonderaulgebote von Armee und Sicherheitspolizei das Plughafengelände. Passaigiere und Fracht in beiden Richtungen unterliegen verschärfter Kontrolle der Pässe oder Warenbegleitpapiere. Zivilbeamte nehmen strenge Leibesvisitationen vor. Die besondere Aufmerksamkeit gilt Reisenden mit arabischen Pässen, jedoch hält man es nicht für ausgeschlossen, daß sich die potentiellen Attentäter auch gefälschter Reisedokumente anderer Staaten oder der Mithilfe europäischer Sympathisanten bedienen. Seit einiger Zeit mehren sich die Hinweise, daß einige mit den palästinensischen Rad’kalisten zusammenarbeitende westeuropäische Links- und Rechtsgruppen die bis jetzt stillgelegten ScJtledch-wege zuir EihschleüSUfig;von Attentätern wieder ,4n .Bė*n’e(y.;gęiĮom-meri’’ haben. *

Das gut dem Vernehmen nach unter anderem für jene geheimen Verbin-

dungslinien, auf denen nach dem zweiten Weltkrieg steckbrieflich gesuchte nationalsozialistische Kriegsverbrecher in den vorderen Orient entkamen, imd für jene Routen, auf denen während des algerischen Un-abhängigkeitskaimpfes FLN-Angehö-rige durch Ehiropa geschleust wurden. In nachrichtendienstüchen Kreisen ist es zudem offenes Geheimnis, daß die palästinensischen Terroristen im Bedarfsfall auch über echte Pässe mindestens eines westeuropäischen Landes verfügen können.

Amtlichen Beiruter Informationen zufolge wurden die Sicherheitsmaßnahmen mdt Rücksicht auf die guten Beziehungen zwischen Beirut und Bonn getroffen. EJine direkte Bestätigung dafür, ob ein entsprechendes deutsches Ersuchen vorlag, war nicht zu erhalten. Doch kann man vermuten, daß die libanesdsche Regierung gegenwärtig keinerlei Interesse daran hat, das Verhältnis zur Bundesrepublik in irgendeiner Weise zu belasten. Sie will bekanntlich auf der bevorstehenden Kairoer Frühjahrs-tasung der Arabischen Ijiga deren Mitgliedstaaten zur Wiederaufnahme der seit 1965 abgebrochenen diplomatischen Beziehungen zu Bonn überreden imd, iaMs das nicht gelängt, den Kcmtakt im Alleingang wieder herstellen. Dies allerdings möglicherweise bei gledchzedtiger diplomatischer Anerkenniing Ost-Berlins.

Die Nachricht von möglichen neuen Anschlägen, diesmal gegen die deutsche Zivilluftfahrt, stammt nach Mbanesischen Angaben von mehreren Geheimdiensten. Kenner der Verhältndsse lokalisieren als Quellen die einschlägigen ägyptischen und israelischen Dienststellen. Beiden scheint es gelungen zu sein, in den letzten Monaten sowohl die Zentralen als auch dde europäischen Außenstellen der für die früheren Bntfüh-

rungsaktionen verantwortlichen „Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP) so weitgehend zu unterwandern, daß sde Aktionen noch im Planungsstadium signaliisderen können. Die PFLP überstand als einzige palästinensische Widerstandsgruppe verhältndamäßig unbeschadet den jordanischen Bürgerkrieg, weil sie ihre Kammandostellen rechtzeitig aus dem Kampfgebiet verlagerte und sich ihre Anhänger an den Auseinandersetzungen mit der Armee Husseins kaum beteiligten, sondern schon bei Beginn der Massaker in die Nachbarländer retirier-ten.

Obwohl Bedruter PFLP^precher jede Attentatsabsicht für den gegenwärtigen Zeitpunkt dementieren und behaupten, die gegenteiligen Gehenan-dienstmeldungen seien Provokationen von gegnerischer Seite, halten es gewöhnlich gut informierte Beobachter für durchaus mögldcih, daß diese Gruppe in aUemächster Zeit versuchen könnte, den bein/ahe ganz zum Erliegen gekommenen Widerstand der Palästinakämpfer gegen die arabischen Regierungen und die israelische Besatzung durcäi einige spektakuläre Aktionen wieder anzukurbeln und sich an die Spdtze der GueriiEabewegung zu setzqn.

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