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Die Fälscher unter uns
Gefälschte Briefe haben wieder Saison. Die „Jerusalem Post“ ist nicht deren einziger Empfänger. Täglich sehen sich Redakteure aller Zeitungen vor die Aufgabe gestellt, die Spreu gezielter Falschmeldungen vom Weizen wahrer Sachverhalte zu trennen.
Nicht immer ist die Sachlage so einfach, wie im Fall eines jüngst kursierenden, drei Jahre alten Briefes, in dem der bereits ver-storbene,ehemaligeNationalrats-präsident Roland Minkowitsch Informationen über Draken-Be-stechungsgelder an den damaligen Abgeordneten und jetzigen Verteidigungsminister Robert Li-chal übermittelt haben soll. „Pro-fir’-Redakteur Franz Ferdinand Wolf, der eine Kopie des angeblichen Briefes erhielt, kann über den plumpen Fälschungsversuch nur lächeln: Der handschriftliche Zusatz „Dein Minkowitsch“ ist für ihn nur ein Grund, die Echtheit des Briefes anzuzweifeln.
Auch in der Redaktion des Konkurrenzblattes „Wochenpresse“ wurde der Brief sofort als Fälschung identifiziert. Innenpolitik-Redakteur Gerhard Jelinek: „Ein Schwachsinn. Wer Minkowitsch gekannt hat, weiß, daß er nie an einen Kollegen über Bestechungen geschrieben hätte. Es ist absurd zu glauben, Politiker von diesem Rang würden dies schriftlich einem anderen mitteilen.“ Auch der berühmte „Mock-Brief“ wäre einem österreichischen Journalisten sofort als Fälschung aufgefallen, sind sich beide Kollegen aus den Nachrichtenmagazinen einig.
Jede Information muß durch den Journalisten auf ihren Wahrheitsgehalt abgeprüft werden. Doch die richtigen, großangelegten Fälschungsversuche sind selten. Ein bis zweimal im Jahr, heißt es übereinstimmend in den Redaktionen der größeren österreichischen Zeitungen und Zeit-
schriften. Sitzt eine Redaktion einmal einer großen Fälschung auf, muß sie zum Schaden auch noch öffentlichen und kollegialen Spott ertragen, wie etwa das deutsche Magazin „Stern“ mit seinen „Hitler-Tagebüchern“ .
Jeder Journalist steht hin und wieder vor dem Problem, daß genaueres und nochmaliges Nachfragen und Nachforschen entweder die Falsifizierung einer bis dahin veröffentlichungswürdigen (und skandalträchtigen) Theorie bringt, oder aber eine weitere Verwirrung des Themas. In beiden Fällen müßte das journalistische Gewissen die Sache abblasen lassen. Manchmal unterbleibt aber nicht die Veröffentlichung der Geschichte, sondern eben das nochmalige und genauere Nachfragen und Nachforschen…
Je heißer ein bestimmtes Sachthema in der Öffentlichkeit diskutiert wird, umso kaltblütiger und häufiger agieren Amateur- und
Profifälscher, „beklagenswerte Menschen mit psychischen Problemen“ (Wolf) oder „politische Untergrundkämpfer“ (Jelinek). So geschehen während des Präsidentschaftswahlkampfes, als in den Redaktionen Dutzende von Anrufern und Hinweisen registriert wurden, die einmal Kurt Waldheim, dann Kurt Steyrer bestimmte Verdachtsmomente untergeschoben wissen wollten.
Da hängt es vom einzelnen Journalisten ab, von seiner Sach-und Personenkenntnis, wie sehr er Informationen trauen kann. Hans Rauscher vom „Kurier“ : „Man muß unterscheiden zwischen Informationen von bekannten Leuten, die gefärbt sind, wobei die Erstinformation durchaus einen wahren Kern haben kann, und rundheraus gefälschten Sachen.“
Dankbar ist jeder Journalist, wenn er vom Partei-Gegner Wissenswertes über den politischen Kontrahenten zugetragen bekommt. Dies ist bei der jetzigen Regierungskonstellation aber nicht mehr selbstverständlich. Gerhard Jelinek sieht saure Zeiten für Journalisten anbrechen: „In Zeiten der ÖVP-Opposition war es leichter, an bestimmte Sachen heranzukommen, als jetzt, wo es gemeinsame Interessen gibt. Das wird die Gefahr der großen Koalition werden, langfristig, mittelfristig. Wenn alle mauern, dann kommen S’ realistisch kaum an Informationen.“
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