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Eine Woche Weltpolitik

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• Lech Walesa, Führer der unabhängigen Gewerkschaft „Solidarität“, mußte schwere Vorwürfe aus eigenen Reihen einstecken, nachdem er sich am 30. März nach zähen Verhandlungen mit der Regierung geeinigt und den Für den 31. 3. geplanten Generalstreik abgeblasen hatte. Der militante Flügel der „Solidarität“ warf ihm „Verrat an der Sache der Gewerkschaft vor“, im Zuge der Auseinandersetzung kam es denn auch zu personellen Veränderungen an der Gewerkschaftsspitze. Auch in der polnischen KP lieferten sich gemäßigte und radikale Kräfte erbitterte Flügelkämpfe mit noch unklarem Ausgang.

Unterdessen gingen die Manöver der Warschauer-Pakt- Staaten weiter, was offizielle Regierungsstellen in Washington zu äußerst besorgten Kommentaren und schärfen Warnungen veranlaßte. BRD-Außenmi- nister Hans-Dietrich Genscher empfahl den sowjetischen Gastgebern bei seinem Moskaube- such vergangene Woche eine Politik strengster Nichteinmischung und warnte sie vor den unabsehbaren Folgen einer militärischen Intervention.

Die Lage in Polen und die Frage eines militärischen Eingreifens dürften auch im Mittelpunkt der Gespräche stehen, die dieser Tage Ostblock-Spitzenfunktionäre am Rande des tschechoslowakischen Parteitages (siehe nebenstehenden Bericht) Führen. Breschnew selbst reiste aus Moskau zu diesem Stelldichein hoher Genossen nach Prag an.

• Die Schweizer Stimmbürger haben sich am 5. April mit einer 84prozentigen Mehrheit gegen ein Volksbegehren gestellt, das sich Für eine Vermenschlichung der Ausländerpolitik und eine bessere Rechtsstellung der Gastarbeiter in der Schweiz einsetzte (siehe auch FURCHE Nr. 12/ 81). Das Nein-Ergebnis - mit dem von vornherein gerechnet wurdS - fiel damit überraschend hoch aus, die „Anti-Überfremdungsparolen“ der Gegner des Volksbegehrens kamen offensichtlich weit besser an: Fragt sich: Ist angesichts der deutlichen Ablehnung der „Miteinan- der“-Initiative in Zukunft ein scharfes „Gegeneinander“ der Eidgenossen und ihrer ausländischen Gastarbeiter zu erwarten?

• Thailand erlebte am 1. April den vierten Militärputsch seit 1973. In einem unblutigen ‘ Staatsstreich stürzte der Stellvertretende Armeechef, General Stant Chitpatima, den seit einem Jahr regierenden Premier, General Prem Tinsulanonda. Zwei Tage lang hatte Premier Prem die Zügel der Staatsmacht praktisch aus seinen Händen verloren, dann schlug er zurück. In seinem provisorischen Hauptquartier Korat, 200 Kilometer nordöstlich von Bangkok gelegen, sicherte er sich die Unterstützung der Königsfamilie, sammelte loyale Truppenteile um sich und ließ sie in Richtung Hauptstadt vorrücken. Am 3. April war der „Putsch-Spuk“ vorbei, die rebellierende Offiziersclique und ihre Gefolgsleute zum Aufgeben gezwungen. Die Einheit der Armee wiederherzustellen, ist für Premier Prem jetzt das Gebot der Stunde. Angesichts von Offizieren, denen das Putsch-Fieber im Blut steckt, wird dies keine einfache Aufgabe sein. ß. ß.

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