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Engagement der Orientierung

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Die Neukonzeption und redaktionelle Erneuerung der FURCHE soll genau dem entgegenwirken, was sich in Österreich so oft als scheinbar zwingend schicksalshaft ereignet und was zwischen Scherz und Resignation mit dem Satz umschrieben wird: Unsere Zukunft liegt in der Vergangenheit.

Wenn die Frage nach der Existenznotwendigkeit dieses Blattes in letzter Zeit mit Entschlossenheit positiv beantwortet wurde, dann stand im Zentrum aller Überlegungen das Wissen, daß die Krisen und Abdor-rungsprozesse der Gesinnungs- und anspruchsvollen Meinungspresse nicht als irreversibel angesehen werden dürfen. Die Weiterführung der FURCHE auf verbreiteter Basis geschieht daher aus der Verantwortung, daß gerade in den wieder zunehmenden und härteren weltanschaulichen Auseinandersetzungen der einzelne Katholik, aber auch der österreichische Katholizismus als solcher des Engagements, der Orientierung, wie nie zuvor bedarf.

öffentliche Meinung ist nicht einfach naturgesetzlich gegeben, sie muß gemacht werden. Die Öffentlichkeitswirksamkeit der christlichen Botschaft bedarf der durchdachten, der ausdiskutierten Formulierung zu immerfort neu aktualisierten Entscheidungsgrundlagen. Darum wird die FURCHE ihre publizistische Aufgabe als öffentliches Auftreten im Dienst und im Namen der Christen dieses Landes begreifen und erfüllen müssen. Gerade heute ein hoher Anspruch, aber ein Experiment, das riskiert werden muß. Mit einem solchen öffentlichen Auftreten hat daher die neue FURCHE Information, Diskussion und Meinungsbildung als Aktion zu sehen.

Ferne jedem innerkatholischen Partikularismus und jeder Einseitigkeit, wird diese Zeitung daher durch Offenheit Vertrauen gewinnen müssen, denn nur so wird heute das Engagement der Orientierung erarbeitet und bewirkt werden können. Die FURCHE erfüllt nur dann ihre künftige Aufgabe, wenn sie damit zu einem klaren Standpunktbewußtsein führt und zu einer motivierenden geistigen Plattform wird.

Innerkirchliche, theologische Kontroversen und Entwicklungen, fast nur mehr in der Medienlandschaft nach journalistischem Nutzwertdenken ausgeschlachtet, bedürfen heute mehr denn je des Erklärens, des Durchdenkens und der Vermittlung zum Sinnverstehen. Alles andere führt zu Desorientierung, Fraktionierung, zu Aktionsverzicht oder zur inneren Emigration. Darum dürfen zeitnotwendige Auseinandersetzungen weder ein süffisantes intellektuelles Spiel, noch pseudodemokratische Relativierung sein.

Keine Partei, keine gesellschaftspolitische Heilslehre hat der Kirche und dem Katholizismus Aktionsradius und Freiheitsraum zu bestimmen und zuzuteilen. Wir müssen dies selbst tun und dies zu vertreten wissen. Die politische Machtfreiheit der Kirche und der Katholiken in diesem Land darf nicht zur Kraftlosigkeit werden. Ohne ein taugliches Kommunikationsmittel wird dieses Postulat nicht zu bewältigen sein.

In der Jubiläumsnummer zum zehnjährigen Bestand der FURCHE 1955 stand zu lesen, daß sie „ein notwendiges, ein unbequemes, ja mitunter ein lästiges Regulativ sein wolle“. In diesem Sinne gründet die neue FURCHE auf ihrer Vergangenheit — sie stellt sich aber erneut und erneuert den Herausforderungen unserer Zeit. Eine zügepflügte FURCHE darf es nicht geben, weil der Katholizismus in Österreich nicht verschüttet werden darf.

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