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Freiheit und Frieden

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Der Mensch ist ein freies Wesen. Unabhängig davon, wie wir die Worte des Hymnus von Bethlehem über den „guten Willen“ auslegen -von der Seite Gottes, der den Menschen Seinen guten Willen anzeigt, oder vpn der Seite der Menschen, welche diesen guten Willen aufweisen sollen - in jedem Fall deuten diese Worte auf die Freiheit des Menschen hin.

Das Konzil hat diese Freiheit noch einmal bestätigt, nicht nur in der Deklaration „Uber die religiöse Freiheit“. Es hat sie bestätigt als die Grundlage der persönlichen Würde des Menschen und zugleich als den Gegenstand Seiner Liebe.

Die Worte von Bethlehem von den „Menschen, die guten Willens sind“, fanden sich oftmals auf den Lippen der letzten Päpste und auch in jenen Konzilsdokumenten, in welchen sich die Kirche auch „ad extra“ äußert. Diese Worte enthalten gleichsam in lapidarer Kurzform die Zusammenfassung aller menschlichen MoraL Die Moral ist nun der innere Weg des Menschen und der Menschheit vom freien Willen zum guten Willen.

Das ist ein schwerer Weg - denn dem Menschen droht ständig der

Mißbrauch der Freiheit, im Maßstab des einzelnen wie im Maßstab ganzer Gesellschaftsordnungen. Das Evangelium soll dem Menschen einen guten Gebrauch seiner Freiheit ermöglichen, es soll den Weg vom freien zum guten Willen zeigen.

Die Kirche hat auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil das Evangelium verkündet und sich dabei bemüht, mit dessen Hilfe zu jenen Fragen vorzudringen, die für unsere Gegenwart besondere Schwierigkeiten darstellen. Die Kirche tat das nicht nur in Form einer kategorischen Forderung nach gutem Willen, sondern sie suchte auch Mittel und Wege, diesen guten Willen aus-'zulösen. Zu diesem Zweck wurde die Kirche nicht nur zum Lehrer wie Jesus Christus selbst, sondern ebenso zum Gesprächspartner, der im weitesten Kreis die Diskussion mit der ganzen Menschheit führt.

Bei der Geburt Christi und der Kirche ist das Wort „Friede“ ausgesprochen worden. Dieses Wort verbindet sich mit Gott und mit den Menschen. Der Friede - in all seiner Vollkommenheit - kommt von Gott zu den Menschen. Der Friede muß aber gleichzeitig von den Menschen

erarbeitet werden, ist ihnen aufgegeben als Frucht ihres guten Willens.

Das Problem des Friedens durchläuft alle Bereiche menschlichen Lebens und Zusammenlebens. Es ist abhängig von der Anordnung äußerer poütischer, wirtschaftlicher Verhältnisse, aber schließlich gelangt es auch an die Stelle, an welcher sein Ursprung ist - so wie der Ursprung aller menschlichen Probleme: in den Bereich des Willens, der ein guter Wille sein muß. Und dies nicht bloß als Ergebnis irgend einer minimalen Änderung -sonst könnte der Friede unter den Menschen leicht zerbersten.

Die Worte, die über dem Stall von Bethlehem ausgesprochen wurden, 'heißen uns den guten Willen der Menschen mit dem Maß des tatsächlich existierenden Friedens messen. Dieses Maß wird auf alles menschliche Zusammenleben angewandt, auf die kleinsten Gemeinschaften wie auf die größten.

(Dies ist ein Auszug aus dem Weihnachtsleitartikel, den der damalige Metropolit von Krakau auf Einladung von Chefredakteur Kurt Skalnik für die FURCHE-Weih-nachtsnummer 1965 schrieb.)

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