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WAS IST ZU TUN?
„Erfüllt die Erde und macht sie euch Untertan18“: Die Heilige Schrift lehrt uns auf ihrer ersten Seite, daß die gesamte Schöpfung für den Menschen da ist. Freilich, er muß seine geistige Kraft an sie setzen, um ihre Werte zu entwickeln und sie durch seine Arbeit sich dienstbar zu machen. Wenn aber die Erde da ist, um jedem die Mittel für seine Existenz und seinen Fortschritt zu geben, dann hat jeder Mensch das Recht, auf ihr das zu finden, was er nötig hat. Das Konzil hat dies in Erinnerung gerufen: „Gott hat die Erde mit allem, was sie enthält, zur Nutzung aller Menschen und Völker bestimmt, so daß die geschaffenen Güter allen in einer billigen Art und Weise zufließen müssen, wobei Gerechtigkeit der Leitstern und Liebe ihre Begleiterin sei20.“ Alle anderen Rechte, ganz gleich welche, auch das des Eigentums und des freien Handels, sind ihm untergeordnet. Sie dürfen seine Verwirklichung nicht erschweren, sondern müssen sie im Gegenteil erleichtern. Es ist eine ernste und dringende soziale Aufgabe, sie alle auf ihre ursprüngliche Sinnriöhtung auszuordnen.
„Wer aber die Güter der Welt hat und seinen Bruder Not leiden sieht und sein Herz gegen ihn verschließt, wie kann da die Liebe Gottes in ihm bleiben21?“ Es ist bekannt, mit welcher Entschiedenheit die Kirchenväter gelehrt haben, welche Haltung die Besitzenden gegenüber den Notleidenden einzunehmen haben: „Es ist nicht dein Gut“, sagt Ambrosius, „mit dem du dich gegen den Armen großzügig erweist. Du gibst ihm nur zurück was ihm gehört. Denn du hast dir nur herausgenommen, was zu gemeinsamer Nutzung gegeben ist. Die Erde ist für alle da, nicht nur für die Reichen22.“ Das Privateigentum ist also für niemand ein unbedingtes und unumschränktes Recht. Niemand kann guten Grunds seinen Überfluß ausschließlich für sich gebrauchen, wo andern das Notwendigste fehlt. Mit einem Wort: das Eigentumsrecht darf nach der herkömmlichen Lehre der Kirchenväter und der großen Theologen niemals zum Schaden des Gemeinwohls genutzt werden. Sollte ein Konflikt zwischen den „wohlerworbenen Rechten des einzelnen und den Grundbedürfnissen der Gemeinschaft“ entstehen, dann ist es an der staatlichen Gewalt, „unter aktiver Beteiligung der einzelnen und der Gruppen eine Lösung suchen“23.
Das Gemeinwohl verlangt deshalb manchmal eine Enteignung, wenn ein Besitz wegen seiner Größe, seiner geringen oder überhaupt nicht erfolgten Nutzung, wegen des Elends, das die Bevölkerung durch ihn erfährt, wegen eines beträchtlichen Schadens, den die Interessen des Landes erleiden, dem Gemeinwohl hemmend im Wege steht. Das Konzil hat das ganz klar gesagt24. Und nicht weniger klar hat es erklärt, daß verfügbare Mittel nicht einfach dem willkürlichen Belieben der Menschen überlassen sind und daß egoistische Spekulationen keinen Platz haben dürfen. Man braucht es deswegen nicht zu dulden, daß Staatsbürger mit übergroßen Einkommen aus den Schätzen und der Arbeit des Landes davon einen großen Teil ins Ausland schaffen, zum ausschließlichen persönlichen Gebrauch, ohne sich um das offensichtliche Unrecht zu kümmern, das sie ihrem Land damit zufügen25.
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