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Jahr der Familie -Impuls für Reform

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Der Europäische Famüienkon-greß vom 26. bis 29. Oktober in Wien-Lainz stellt eine Aktivität im Jahre der Famüie dar und ist daher aus dessen Zielsetzung zu verstehen. Das Jahr der Famüie soll Impulse für eine Gesellschaftsreform aus einer Gesinnungsreform sein durch bewußte Hinwendung zur gelebten Famüie. Es ist der Versuch, eine Antwort auf die Probleme der Industriegesellschaft anzubieten. Ein solches Bemühen macht die Tatsache der zunehmenden Uberforderungserscheinungen des Menschen notwendig, wie sie in den zunehmenden Ehescheidungen, Selbstmorden, Drogenabhängigkeiten zum Ausdruck kommen. Die Häufung dieser Fakten kann nicht einfach mit dem Hinweis auf individuelles Versagen erklärt werden. Vielmehr besteht die Gefahr

einer kollektiven Unfähigkeit zum persönlichen Lebensvollzug, die vom System her verursacht oder zumindest bedingt wird. Dabei geht es keineswegs darum, Dinge zu dramatisieren oder hoffnungsvoll in die Vergangenheit zu blicken, sondern diese Erscheinungen ernst zu nehmen. Wie notwendig dieser Bewußtmachungsprozeß ist, ersehen wir daraus, daß ein abnehmendes Wirtschaftswachstum höchste Besorgnis und Aktivität auslöst, zunehmende Ehescheidungen und Selbstmorde gleichsam als Nebenprodukt der Industriegesellschaft in Kauf genommen werden.

In diesem Sinn soU der Europäische FamiUenkongreß ein Anstoß für und in Österreich und darüber hinaus für Europa sein, denn die

Probleme der Industrieländer sind ähnlich gelagert.

Warum gerade die Familie als Problemloser angesehen und angeboten wird, scheint auch jenen nicht ganz einsichtig, die den bisherigen Gedanken zustimmen - von jenen, die dafür nur das Wort Familienideologie finden, ganz zu schweigen. Tatsächlich wird eher der Feststellung, daß die Familie als Problemerzeuger anzusehen sei, zugestimmt als jener von der Familie als Problemloser.

Familie erweist sich in gleicher Weise als Problemerzeuger, wie die verschmutzten Gewässer und die verunreinigte Luft. Diese Analogie verdeutlicht, daß die aufgezeigten Probleme aus einer Überforderung durch Nicht-wichtig-nehmen der Familie entstehen. Wie sagte doch Kolping? „Die Sünden an der Familie sind im letzten soziale Sünden, deren Folgen sich auf die gesamte Gesellschaft negativ auswirken.“

Die bewußte Hinwendung zur gelebten Familie erweist sich nicht als Ideologie, sondern als vernünftig. Zur weiteren Verdeutlichung noch drei Satzpaare:

• explodierende Staatsdefizite -Familie kann vieles besser und billiger als der Staat

• verschärfende Arbeitsplatzknappheit - Familie bietet genug Arbeit und noch mehr

• zunehmend geistig - seelische Probleme - Bürokratie kann manches, lieben kann nur der Mensch.

So wird mit dem Jahr der Familie Kirche als gesellschaftsgestaltende Kraft eigener Art wirksam; also nicht auf der Ebene des Wettstreites um die Instrumente der Macht im Staat, gleichsam als weitere politische Partei. Sie bringt durch Beispiel und Engagement Hilfe zum Sinn und Werte für den Menschen und die Gesellschaft als Antwort und Angebot ein. Sie erfüllt so ihre Aufgabe, dem Menschen Hoffnung zu sein. Brauchen wir noch deutlichere Zeichen, als jene der letzten Monate im Zusammenhang mit den Papstwahlen, wiesehr die Menschen darauf warten?

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